Lebenspartnerschaftsrecht – und kein Ende

Vom schlechten Stil in der Politik

Datum:
Montag, 9. August 2004

Vom schlechten Stil in der Politik

Monatskolumne August für die Mainzer Kirchenzeitung

Ziemlich genau vor zwei Jahren hat das Bundesverfassungsgericht das sogenannte Lebenspartnerschaftsgesetz, freilich mit der knappsten Mehrheit (5:3), in der Substanz gebilligt.

Auch wer eher den respektablen Argumenten der Minderheit der Richter zustimmte, konnte noch einigermaßen verstehen, dass vor allem in den Augen der Betroffenen einige „Diskriminierungen“ abgebaut werden sollen. Wenn schon Menschen – Männer oder Frauen – in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft zusammenleben, mussten vielleicht schon aus Gründen der Rechtssicherheit einige bisherige rechtliche Probleme im Bereich von Krankheit, Miete und Versicherung geklärt werden.

Die Kirche hat freilich damals immer schon gewarnt, den im Grundgesetz verbürgten wesensmäßigen Unterschied zwischen eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe in irgendeinerweise zu verwischen. Man hat uns immer wieder zu beschwichtigen versucht.

Nun ist von den Fraktionen der Regierungsparteien ein Gesetzesentwurf zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts in den Deutschen Bundestag eingebracht worden. Am 02. Juli 2004 fand bereits die erste Lesung im Parlament statt. Man traut zunächst den eigenen Augen und Ohren nicht, wenn man in der Begründung und der Zielsetzung liest: „Mit dem Gesetzesvorschlag soll das Lebenspartnerschaftsrecht weitgehend an die Ehe angeglichen werden.“ Dies ist eine grundlegende Veränderung der bisherigen Zielbestimmung. Denn angeblich sollten mit dem Gesetz nur Diskriminierungen abgebaut werden.

Unter den Neuerungen gibt es auch die Einführung einer Stiefkindadoption. Hier wird es gewiss eine schwierige Debatte um das Kindeswohl und um das besondere Spannungsverhältnis bei ihr geben, denn hier sind zwei leibliche Elternteile vorhanden und verantwortlich. Aber auch in diesem Zusammenhang wird ziemlich unverhohlen erklärt, die Stiefkindadoption sei nur die Eintrittstüre in die Adoption von Kindern überhaupt durch eine eingetragene Lebenspartnerschaft.

Was soll der Normalbürger eigentlich von einem solchen Taktieren im Blick auf elementare Grundwerte halten? Dem Vernehmen nach ging tatsächlich der Einigung über diesen Gesetzesentwurf ein übler Schacher voraus. Die eine Regierungspartei habe der anderen als Preis für die Zustimmung zur jetzigen Gestalt des Ausländergesetzes Zugeständnisse beim Lebenspartnerschaftsgesetz gemacht, so dass die rasche Einbringung des lange Zeit umstrittenen Vorhabens rasch möglich geworden ist. Ein Dementi dieser öfter geäußerten Vermutung habe ich bisher nicht gehört.

Ich habe jedoch die Hoffnung nicht aufgegeben, dass in Vorbereitung der zweiten Lesung und möglicherweise Verabschiedung die öffentliche Auseinandersetzung nachgeholt wird. Was einem in diesem Zusammenhang betroffen macht, ist der Umgang großer Parteien mit ihren bisherigen Grundsätzen, noch viel mehr mit dem in den Sonntagsreden immer wieder beschworenen Grundwerten unserer Gesellschaft. Der Alltag sieht dann oft anders aus. Ist das Politik?

 

© Karl Kardinal Lehmann

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

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