Päpstliche Nachlese

Auf ein Wort

Datum:
Sonntag, 7. Januar 2001

Auf ein Wort

Zum Apostolischen Schreiben am Endes des Hl. Jahres

Als Papst Johannes Paul II. am Dreikönigsfest feierlich das Hl. Jahr 2000 zum Abschluss brachte, hat er ein längeres Schreiben von über 80 Seiten unterzeichnet, das nach einem kurzen Rückblick vor allem das Weiterwirken der Einsichten und Früchte dieses Jubiläums für die unmittelbare Zukunft zum Thema hat.

Vor bald sieben Jahren hatte der Papst in dem Apostolischen Schreiben "Tertio Millennio Adveniente" (10. November 1994) ein regelrechtes Programm zur Begehung des Jubiläums skizziert. Als noch kaum jemand davon sprach, hat er mit Weitblick die Bedeutung dieses Jubiläums ins Auge gefasst und die Gesamtkirche immer wieder auf die damit verbundenen Chancen hingewiesen. Das jetzige Dokument "Novo Millennio Ineunte" (6. Januar 2001) ist die genaue Entsprechung zu dem genannten Vorbereitungstext. Dies zeigt nochmals, wie sorgfältig und langfristig der Papst das Jahr 2000 betrachtet.

Es geht dem Papst um das rechte Fortwirken des Jubiläums. Er fürchtet, nach diesem festlichen Gedenken könnten viele Anstöße im grauen Alltag wieder untergehen. In vier Kapiteln versucht er das Erbe des großen Jubiläums zur Sprache zu bringen. Zuerst erinnert der Papst an die einzelnen zentralen Ereignisse: Schuldbekenntnis und Vergebungsbitte im Blick auf die Verfehlungen der Christen und der Kirche, Gedenken an die Blutzeugen um des Glaubens willen, Pilgerreise in den Nahen Osten, Weltjugendtreffen, Einsatz für die am meisten verschuldeten Länder. Im Zentrum steht die Begegnung mit Jesus Christus, die nun auch im zweiten Kapitel näher entfaltet wird. Im dritten Teil wird eine erste Konsequenz gezogen, nämlich "Neu anfangen bei Christus". Dies soll uns Mut machen, mit Zuversicht an die Aufgaben unserer Zeit heranzugehen. Der Papst weiß, dass es dafür keine einfachen "Zauberformeln" gibt. Dabei ruft der Papst zu einer pastoralen Wiederbelebung auf und fordert dafür zur Ausarbeitung pastoraler Programme auf. Gottesdienst und Gebet sowie die "Neu-Evangelisierung" stehen in der Mitte. Damit geht ein neues missionarisches Engagement einher. Das vierte Kapitel "Eine Zukunft der Liebe" entfaltet vor allem die Vielfalt der Berufungen und die daraus entstehende Spiritualität der Gemeinschaft. Sie kann auch große Probleme in der Ökumene, in Europa und in der ganzen Welt bewältigen helfen.

Der Inhalt des Textes ist reich. Vieles wird angesprochen, das sich nicht einfach leicht zusammenfassen lässt. Eindringliche Ausführungen zur Ökumene bezeugen, dass dem Papst alles daran liegt, Irritationen nach der Veröffentlichung der Erklärung "Dominus Iesus" in ihren schädlichen Auswirkungen zu begrenzen, ohne dass er deswegen den Grundsinn dieser Erklärung relativiert. Nicht minder spricht der Papst die Notwendigkeit des Lebensschutzes, die Familienpastoral, die Soziallehre der Kirche und die Erziehung zum Frieden an.

In der Presse ist unmittelbar nach der Unterzeichnung des Textes öfter der Eindruck verbreitet worden, dieses Schreiben sei vor allem gegen Reformkräfte in der Kirche gerichtet. Ich kann davon nichts finden. Dass der Papst im Blick auf die Erneuerung der Kirche vor bestimmten Entwicklungen warnt, liegt auf der Hand. Dem Dokument liegt jedoch ein ganz positives Anliegen am Herzen: "Das Symbol der Heiligen Pforte schließt sich hinter uns, um aber die lebendige Pforte die Christus ist, weiter geöffnet zu lassen denn je. Nach der Begeisterung des Jubiläums kehren wir in keinen grauen Alltag zurück."

Der Text des Papstes ist ein nachdenklicher Wegbegleiter für ein Wiedererwecken lebendigen Glaubens in der Gegenwart. Kein Text zum Verstauben in Schubläden oder Archiven.

Copyright: Karl Lehmann, Mainz
(aus: Bistumszeitung Glaube und Leben, Januar 2001)

 

 

 

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz