Predigt im Pontifikalrequiem für Herrn Dompräbendaten em. Mons. David Nikolaus Becker

im Hohen Dom zu Mainz am 29. Januar, 10 Uhr

Datum:
Freitag, 29. Januar 2016

im Hohen Dom zu Mainz am 29. Januar, 10 Uhr

Lesung: Röm 14,7-9. 10c-12 (Messlektionar VII, 441f.)
Evangelium: Joh 12, 23-26 (Messlektionar VII, 483) (Ruf vor dem Evangelium auf S. 482)

Verehrte, liebe Trauergäste!
Verehrte Neffen und Nichten sowie Familienangehörige von David Nikolaus Becker,
verehrte Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem,
liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

David Nikolaus Becker wäre in zwei Wochen 84 Jahre geworden. Er ist am 13.02.1932 in Ebersheim zur Welt gekommen. Sein ganzes Leben lang war er mit Ebersheim und seiner Familie sehr eng verbunden. Erlauben Sie mir zuerst, dass ich die wichtigsten Stationen seines Lebens etwas nachzeichne.

In Ebersheim hat er in der Pfarrkirche St. Laurentius am 14.02.1932 das Sakrament der Taufe und am 15.05.1940 die Firmung empfangen. Er hat später das Altsprachliche Gymnasium Mainz besucht, und zwar vom Mai 1946 bis Juni 1951. In diesem Jahr hat er auch das Abitur abgelegt und das Zeugnis der Reife erhalten. In dieser Zeit wurde er besonders von dem in Mainz bekannten Religionslehrer Dr. Adam Gottron geprägt, der über ihn schreibt: „Seine Begabung ist überdurchschnittlich, sein Interesse an geistigen und religiösen Dingen groß. Er hat sich sehr stark am Unterricht beteiligt, ohne aufdringlich oder rechthaberisch zu erscheinen." (16.09.1951) Schließlich wird er am 28. Juni 1957 in der Augustinerkirche des Priesterseminars von Weihbischof Josef Maria Reuß zum Priester geweiht.

In den ersten drei Jahren lernt er in Mainz, Liebfrauen, vor allem aber in Mainz-Bischofsheim und in Darmstadt, St. Elisabeth, das seelsorgliche Rüstzeug kennen. Im Jahr 1960 wird er Religionslehrer am Kurfürstlichen Schloß-Gymnasium in Mainz. Ab diesem Zeitpunkt ist er bis zu seinem Tod in Mainz tätig. Bis zum Ruhestand im Jahr 2002 sind dies 42 Jahre.

Er bleibt als Studienrat Religionslehrer am Kurfürstlichen Schloß-Gymnasium und übernimmt im Jahr 1965 die Stelle eines Studienrates am Ketteler-Kolleg, wo viele junge Menschen auf einem eigenen Bildungsweg oft nach einer beruflichen Praxis die Hochschulreife anstreben. Immer wieder erhält er auch zusätzliche Aufgaben: Er wird 1969 Präses der Mainzer Männer-Congregation, erhält 1975 am Bischöflichen Seminar für die Gemeindepastoral und die Religionspädagogik in Mainz einen Lehrauftrag, wird 1982 Sachbearbeiter für außergerichtliche Eheangelegenheiten im Bischöflichen Ordinariat, 1983 Prosynodalrichter, schließlich Spiritual der Marien-Schwestern im Bruder-Konrad-Stift in Mainz.

David Nikolaus Becker wird in dieser Zeit bis zu seinem Lebensende stärker an den Hohen Dom in Mainz gebunden. Er wird 1976 Bischöflicher Zeremoniar und versieht diese Aufgabe, „die Pontifikalfunktionen und Stiftsgottesdienste vorzubereiten und für die Durchführung besonderer Feiern im Dom in Verbindung mit dem Domdekan zu sorgen", bis zum Jahr 1999, also insgesamt 23 Jahre, mit großer Liebe. Im Jahr 1984 wird er Dompräbendat und damit Mitglied des Domstiftes. Er tritt 2002 in den allgemeinen Ruhestand und wird im Jahr 2007 auch als Dompräbendat emeritiert. Wegen seiner hohen Verdienste wird er im Jahr 1982 Geistlicher Rat und im Jahr 1999 durch Papst Johannes Paul II. zum Monsignore ernannt. Auch wenn er im Ruhestand von vielen Aufgaben entpflichtet wird, so bleibt er besonders in den Gottesdiensten dem Dom und dem Domstift in besonderer Weise treu und eng verbunden, gewissermaßen bis zu seinem folgenreichen Sturz im Chor des Domes, den er am Ende des Gottesdienstes am Heiligen Abend 2015 erleidet. Von diesen Folgen sollte sich seine ohnehin geschwächte Gesundheit nicht mehr erholen. Am 20. Januar gab er sein Leben an den Schöpfer zurück.

So hat David Nikolaus Becker in seinem langen Leben erfüllt, was er am 20. September 2006 in seinem Testament schrieb: „In Dankbarkeit für die Berufung zum Priestertum will ich sterben." So hat er aber auch immer gelebt. Seine liebenswürdige Zuwendung zu den Menschen zeigte sich schon zu Beginn seines priesterlichen Wirkens. Er hat sich viele Jahre um die Hinführung von Jugendlichen zum Glauben bemüht. Er kam mit vielen recht unterschiedlichen Mädchen und Jungen, jungen Frauen und jungen Männern zurecht. Er hat in diesem Dienst am Glauben junger Menschen die Erfüllung eines priesterlichen Lebens gesehen. Wenn er mit ihnen - in welchen Aufgaben immer - zu tun hatte, öffnete er sein Herz, war gütig und zuversichtlich. Dies hat ihm in allen seinen beruflichen Einsätzen eine hohe Glaubwürdigkeit verliehen. Diese war auch stets eng verbunden mit einem wohlwollenden, immer zum Lächeln geneigten Humor, den viele an ihm liebten. Dies verband er jedoch immer auch mit Erwartungen an die jungen Menschen. Fordern und fördern gehörten für ihn eng zusammen.

Er war Zeit seines Lebens theologisch gut gebildet, die Menschen konnten sich auf ihn, seine Auskünfte und Ratschläge, verlassen, sei es in der Glaubenslehre oder in Eheangelegenheiten. So war er in den letzten Jahrzehnten vielen Menschen, die sich mit dem Weg der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil etwas schwerer taten, eine verlässliche Stütze und ein treuer Begleiter. Auch sie werden ihn künftig vermissen.

Noch ein wenig darf hier von seinem Dienst in diesem Dom die Rede sein. Er liebte dieses tausendjährige Gotteshaus immer mehr. In der Mitte stand für ihn die Verehrung des dreifaltigen Gottes im Gebet, dem nach der Regel des heiligen Benedikt nichts anderes vorgezogen werden darf. Er war wirklich die Hingabe an Gott und die Menschen. In der Gestaltung der Gottesdienste fühlte er sich tief der Tradition des Domkapitels über viele Jahrhunderte verpflichtet, wobei er gut überlegten Öffnungen durchaus nicht abgeneigt war. In diesem Sinne kämpfte er auch immer wieder für die Treue zu dieser lebendigen Tradition, für Zeit, für Stille und Anbetung, aber auch für das öffentliche Bekenntnis in der würdigen Gestalt unserer Fronleichnamsprozessionen. Dies verband sich für unseren Mitbruder David Nikolaus Becker auch eng mit einer Praxis des Glaubens besonders den Bedürftigen und Armen gegenüber. Hier gab er oft Zeugnis von seiner Bereitschaft zu Barmherzigkeit und Liebe.

Eine große Freude war es für David Nikolaus Becker, dass er seit 1998 Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem war und in den Jahren 1998-2010 der Komturei St. Hildegard Mainz-Wiesbaden zur Seite stand. Die Verbindung mit dem Nahen Osten, Israel, den Christen im Orient und besonders auch mit dem Grab des Herrn in Jerusalem sah er als eine Vertiefung seines Glaubens und seiner Frömmigkeit.

David Nikolaus Becker spürte in den letzten Jahren immer wieder die Grenzen seiner Gesundheit. In einem Brief aus dem Jahr 2012 schreibt er aus Anlass seines 80. Geburtstages: „Spätestens merkt es ein 80-Jähriger, wenn er es nicht schon längst erfahren hat, dass das Alter im geistigen und körperlichen Leben manche Schwächen und Verminderungen bringt. Dennoch ist es nicht einfach Niedergang auf der gesamten Lebenslinie, sonst wären wir kaum geneigt, unsere - auch hohen - Lebensabschnitte herauszuheben und sogar zu ‚feiern‘. Das ist doch wohl nur zu verstehen, wenn uns eine Hoffnung und Zuversicht beseelt. Nach unserem Glauben ist es die Berufung zum Leben, zum ewigen Leben. So beten wir im Stundengebet in einer Strophe der Non: ‚Wir gehen dahin wie Tag und Traum; kein Wunsch hält unser Leben fest. Dein Glanz, oh Herr, erstrahle uns, wenn unser kleines Licht erlischt.‘ Auf dem Weg dorthin ist uns zur gegenseitigen Hilfe - nach dem schönen Wort von Kardinal Volk - ‚die Wohltat des Gebetes‘ gegeben."

In diesem Sinne wollen wir voll Dankbarkeit an Gott, die Familie Becker und besonders seine Nichte Karin Zimmer, die ihm lange den Haushalt geführt hat, unseren Mitbruder David Nikolaus Becker durch unser Gebet der Barmherzigkeit Gottes empfehlen und ihn auf unserem schönen Domfriedhof zur letzten Ruhe betten. „Gott ist die Liebe" (1 Joh 4,16): Dieses Wort, das er selbst zu seinem Goldenen Priesterjubiläum auswählte, hat gewiss auch sein Leben geprägt. Amen.

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz