Statement zum Abendempfang bei der EXPO 2000 am „Tag der Weltreligionen"

Datum:
Dienstag, 12. September 2000

Sehr verehrte Frau Generalkommissarin Breuel,
sehr verehrte Frau Staatssekretärin Zypries,
meine sehr verehrte Damen und Herren aus den Religionen der Welt!

 

Die EXPO 2000 hat – wie bereits in anderen Hinsichten – heute uns eine einzigartige Gelegenheit gegeben, ein so großes Treffen von Vertretern der Religionen aus aller Welt abzuhalten. Ähnliche Begegnungen gab es an anderen Orten in der Welt, aber bisher nicht bei uns. Wir sind dankbar für diese Gelegenheit.

Ich möchte allen sehr herzlich danken, die diesen Tag in der Vorbereitung gefördert und ausgestaltet haben, ganz besonders Ihnen, verehrte Frau Generalkommissarin, mit Ihren zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Meinerseits danke ich auch besonders meinen Freunden von der Kommunität St. Egidio aus Rom, die schon sehr früh den Dialog zwischen den Weltreligionen, gerade auch mit konkreten Aktionen der Versöhnung, eingeübt und uns schon lange ein gutes Beispiel geben. Herr Präses Kock, der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, wird diesen Dank noch näher ausführen.

 

Was wir an diesem Tag erlebt haben, ist ein wichtiger Beitrag zum Wachsen von Toleranz und Friedfertigkeit in unserer Welt. Es ist gerade für das gastgebende Deutschland ein bedeutungsvolles Zeichen, dass wir Andersdenkende und Andersgläubige, die bei uns wohnen und Heimat suchen, an diesem Tag um Vertrauen zu uns bitten und alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auffordern, sich nicht zu fremdenfeindlichen Aktionen verführen zu lassen und besonders jeder Form von Gewalt in den Anfängen zu wehren.

 

Lassen Sie mich jedoch noch einen anderen Gedanken vortragen, der zu diesem Tag der Weltreligionen gehört. Es geht um den Beitrag der Religionen zum Verhältnis zwischen Mensch, Natur und Technik. Die faszinierenden Fortschritte auf technischem und ökonomischen Gebiet lassen uns nicht verkennen, wie viel geistige Kraft und spirituelle Energie wir aufbringen müssen, um unsere Erde zu erhalten, gegenüber allen ausnahmslos die Menschenwürde zu achten und mehr Gerechtigkeit in unseren Gesellschaften zu verwirklichen. Die Weltreligionen haben, gewiss in unterschiedlicher Weise, heute ihren Beitrag zur Bewältigung dieser Probleme zu bringen versucht. Wir dürfen die uns anvertraute Erde, die wir gewiss bearbeiten dürfen und auf ihr auch bauen sollen, nicht für uns ausbeuten, sondern gemeinsam unversehrt künftigen Generationen weitergeben. Oberstes Gebot muss für uns sein, die Würde eines jeden Menschen, besonders auch der Frauen und der Kinder, zu wahren und zu verteidigen. Dies wird auf die Dauer aber nur möglich sein, wenn wir die wirtschaftliche und soziale Lage der Armen in aller Welt verbessern und so mehr Gerechtigkeit und Frieden erreichen können. Die Dynamik der Globalisierung in der Wirtschaft und die Fortschritte der Wissenschaften können uns dabei helfen. Wir müssen aber im Dialog mit ihnen auch auf die Grenzen aufmerksam machen, die dem Menschen als Menschen gesetzt sind. Schließlich – und dies ist eine wichtige Gemeinsamkeit – erschöpft sich das Leben des Menschen nicht in dieser Welt. Darum gehört zu unserem Auftrag auch die Begleitung vieler Menschen, die keine Hoffnung mehr haben in dieser Zeit und die wir gerade deshalb und angesichts aller medizinischen Fortschritten im Leiden und Sterben brüderlich (geschwisterlich) begleiten.

Der Tag der Weltreligionen bei der EXPO 2000 geht nun dem Ende entgegen. Es war ein großes Fest der Völker, Nationen und Religionen. Aber es muss auch ein mahnendes und ermutigendes Zeichen dafür bleiben, dass wir im Alltag unseres Lebens und in den gesellschaftlichen und politischen Konflikten noch enger zusammenarbeiten. Ich danke Ihnen herzlich.

 

Copyright:  Bischof Karl Lehmann, Mainz

 

 

 

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz