Über die Hoffnung

Das zweite Weltrundschreiben von Papst Benedikt XVI.

Datum:
Dienstag, 11. Dezember 2007

Das zweite Weltrundschreiben von Papst Benedikt XVI.

Gastkommentar für die Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" im Dezember 2007

Der Papst hat sich zunächst mit seiner ersten Enzyklika, mit der er sich an die ganze Welt wendet, etwas Zeit gelassen, als er sie vor zwei Jahren an Weihnachten unterschrieb und am 25. Januar 2006 veröffentlichte. Nun ist es wieder ein Abstand von fast zwei Jahren, da er sich an die ganze Kirche mit einem wichtigen Anliegen richtet. Am 30. November 2007 ließ der Papst weltweit das Schreiben „Über die christliche Hoffnung“ verbreiten.

Die neue Enzyklika hat es bei uns etwas schwer gehabt mit der Beachtung. Dies hing damit zusammen, dass in dieser Woche zwei lange erwartete Bischofsernennungen, nämlich in Limburg und in München, veröffentlicht wurden. Die Ernennung von Bischof Reinhard Marx zum neuen Erzbischof von München und Freising erfolgte am selben Tag wie die Publikation der Enzyklika und hat die anderen kirchlichen Nachrichten eher etwas verdrängt. Auch wir Bischöfe erhielten den Text nur drei Tage vor dem 30.11., sodass die Vorbereitung und Begleitung der Veröffentlichung in Eile geschehen musste.

Deshalb möchte ich nochmals auf diesen Text aufmerksam machen, damit er im immer etwas hektischen Advent nicht untergeht oder einfach zu wenig beachtet wird.

Nachdem Papst Benedikt XVI. mit seinem ersten Weltrundschreiben bei der Liebe einsetzte, ist nun ein Thema an der Reihe, das in der Theologie der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts eine ganz große Rolle spielte. Der Papst hat dies als Theologe überall, in Deutschland und in Rom, wach miterlebt. Man denke auch an unser Synodendokument „Unsere Hoffnung“. Man spürt es am Text, dass diese Gedanken den Papst beschäftigten und dass er auch viele Ideen zu diesem Thema aus unserem geistigen und gesellschaftlichen Leben verarbeitet hat.

Warum ist das Thema Hoffnung so besonders wirksam geworden? Ich glaube, dass nach den furchtbaren Tragödien der Kriege des 20. Jahrhunderts, der Diktaturen in vielen Ländern und auch so vieler Katastrophen in verschiedenen Kontinenten die Zweifel über die Zukunft unserer Welt so mächtig geworden sind, dass man ein neues, großes Ja zur Welt und zur Geschichte, ja zum Menschen brauchte. Aber dies konnte keine Hoffnung sein, die sich – so wichtig dies ist – im innerweltlichen Fortschritt erschöpft. Ohne den Menschen falsch zu vertrösten, ging es um eine weltunabhängige, auch dem Bösen und dem Tod trotzende Zusage, dass es einmal gut gehen wird mit unserer Welt und uns Menschen. Kein billiger Leichtsinn und kein simpler Optimismus, ganz gewiss. Aber der Glaube an einen Gott, der allein uns durch alle Enttäuschungen hindurch Halt gibt, kann die Hoffnung zu einer mächtigen Dynamik in unserem Leben und darüber hinaus werden lassen.

Die einzelnen Kapitel geben von der Hoffnung in der Bibel über falsche, darum enttäuschende Gestalten einer bloß irdischen Hoffnung bis zu den letzten Sinnfragen eine verlässliche Antwort. Der Papst zieht alle Register eindrucksvoller, schöner Zeugnisse und stellt uns einige leuchtende Personen dar, um die Kraft der Hoffnung, wenn sie aus dem Glauben kommt, in diesem Leben und auch jenseits des Todes lebendig vor unseren Augen erstehen zu lassen. Die Enzyklika enthält viele eindrucksvolle Aussagen und Formulierungen, die einem weiterhelfen.

Auch das Echo der Enzyklika zeigt, dass der Text bei vielen Menschen, auch außerhalb der Kirche, gut aufgenommen worden ist. Nicht wenige evangelische Christen haben ihn begrüßt. Wir sollten nicht die Chance vergeben, diesen Text gerade im Advent, über Weihnachten und hinein in ein neues Jahr fruchtbar werden zu lassen in unserem Leben, gerade auch an den Grenzen des menschlichen Daseins.

Hinweis: Der deutsche Text der Enzyklika, eine Kurzzusammenfassung und eine erste Einleitung zum Text kann im Internet heruntergeladen werden auf den Seiten der Deutschen Bischofskonferenz:  http://www.dbk.de/imperia/md/content/schriften/dbk2.vas/ve_179.pdf  

 

(c) Karl Kardinal Lehmann 

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz