Verabschiedung von Prälat Arnold Poll und der Einführung von Pfarrer Winfried Pilz als Leiter des Kindermissionswerkes

am 3. April 2000 im Aachener Dom

Datum:
Montag, 3. April 2000

am 3. April 2000 im Aachener Dom

In anderthalb Jahrhunderten ist ein großartiges Werk gewachsen. 1843 begann in unserem Nachbarland Frankreich mit einem kleinen „Verein der heiligen Kindheit" das, was wir heute im Kindermissionswerk als ein großes Netzwerk der Solidarität in 110 Ländern haben. Die Sternsingeraktion gehört heute zu den großen katholischen Hilfsaktionen. Seit 1959 konnten 1,2 Milliarden Mark in 40.000 Projekte fließen. Wir haben also wiederum Anlass, dafür von Herzen zu danken, heute ganz besonders Herrn Prälat Arnold Poll, der das Kindermissionswerk in den letzten 20 Jahren mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zu denen auch noch viele in den Diözesen gehören, zu dieser Blüte geführt hat. Zugleich freuen wir uns, dass wir wissen, dass dieses Werk weitergeht. Pfr. Winfried Pilz, der ein Leben lang ein bekannter Jugendseelsorger war und ist, ist in seiner Person eine Gewähr, dass diese bundesweite Jugendaktion auch künftig viele begeisterte Helferinnen und Helfer findet.

Mission gehört ganz tief zur Kirche. Jesus bringt seine Botschaft der Umkehr zu Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen. Die Mission ist nicht eine Zutat zum Christentum. Der Vater sendet seinen Sohn, damit alle Menschen an der Fülle des Lebens teilnehmen können. Dazu gehört, dass wir uns absetzen von Ungerechtigkeit und Götzendienst, damit wir uns wirklich gegenseitig als Brüder und Schwestern annehmen können, unabhängig von Rasse und Klasse, Sprache, Hautfarbe und Kultur. Mit dem Evangelium haben die Christen deshalb immer auch, wenn sie Mission richtig verstanden haben, an den Leib gedacht. Für den Christen gehören Leib und Seele zusammen, auch wenn wir wissen, dass unser vergänglicher Leib aus Staub ist und wieder einmal zu Staub wird. Die Missionare haben Medizin und Gesundheitsvorsorge in die oft verseuchten Gegenden gebracht. Sie haben der Unwissenheit den Kampf angesagt, Schulen aufgebaut und Handwerker ausgebildet. Schon bevor es eine Entwicklungshilfe gab, gehörte dies zu jeder guten Missionsarbeit. So konnten viele Völker Hoffnung schöpfen und sahen oft nach vielen Jahrhunderten ein Licht, das ihnen neues Leben für die Zukunft versprach.

Damit wurde eine ganz wichtige Aufgabe erfüllt, die in die Mitte des Evangeliums und des kirchlichen Auftrags gehört. Es ist nirgends besser ausgedrückt als in den Jesusworten am Endes des Matthäus-Evangeliums: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seit gewiss: ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt." (28,16-20) Das Evangelium hört also am Ende dieses Buches eigentlich nicht auf, sondern blickt mit diesem Auftrag Jesu in die Zukunft der ganzen Welt hinein. Fünfmal kommt das Wort „alle" vor und macht uns und die ganze Erde weit: alle Macht, alle Völker, alle Menschen, alle Worte und Weisungen Jesu, alle Tage.

Das ist in der Tat Christentum nach dem Geschmack Jesu. Und es ist eine wunderbare Sache, dass durch das Kindermissionswerk und die Sternsingeraktion dabei eben auch Kinder und Jugendliche ganz konkret mitwirken können. Es ist in der Tat auch ein jugendlicher Auftrag, wo man viel Schwung und Begeisterung mitbringen muss, denn es gibt ja immer wieder auch Enttäuschungen und Rückschläge bei der Erfüllung dieser Hoffnung vieler Menschen. Dies ist ein ganz wichtiger Aufbruch für unsere Welt, wobei es nicht nur darum geht, dass wir anderen Menschen Hilfe bringen können, sondern dass auch wir selber erfahren, dass wir etwas bewegen können und dass man auch etwas leisten kann. Natürlich wissen wir, dass wir dabei nicht das Elend der ganzen Welt wegschaffen können, aber es ist doch mehr als nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Das Licht in der Nacht sieht man weit, auch wenn es klein ist. Deshalb tragen die vielen Kinder und Jugendlichen, die allein in diesem Jahr wieder 60 Milionen Mark gesammelt haben, eben doch eine große Hoffnung in die Welt. Der Stern von Betlehem soll den Menschen den Weg weisen. Ich freue mich, dass es gelungen ist, zu diesem Tag heute auch die Geschichte des Kindermissionswerkes und der Sternsinger unter den Titel „Damit Kinder leben können" zu schreiben und zu veröffentlichen.

Meine lieben Schwestern und Brüder, man hat sich seit 150 Jahren durch viele Rückschläge und Enttäuschungen, nicht zuletzt durch die beiden Weltkriege, dennoch nicht irritieren lassen. Behinderungen und Verbote haben die Überzeugung eher gestärkt, dass hier etwas Unaufgebbares geschieht. So verdanken wir das Werk auch den Präsidenten der früheren Zeit, nicht zuletzt Johannes Solzbacher (1945-1958) und Paul Koppelberg (1958-1980). Als sein Nachfolger (1980) hat der damalige Dekan Arnold Poll das Werk in einer ganz außerordentlichen Weise gefördert. Ich brauche hier im Zusammenhang der Predigt nicht alles aufzuzählen, was er in diesen 20 Jahren geleistet hat. Dies werden der Bischof von Speyer, Dr. Anton Schlembach, als Vorsitzender der Unterkommission „Mission", und viele andere Redner am heutigen Tag noch genauer entfalten.

Das Wichtigste war, dass Herr Prälat Poll mit einer ungebrochenen Begeisterung immer wieder selbst voranging, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entdeckte und sie mit seinem Schwung fortriss. Dies hat sich in ganz erstaunlicher Weise bei den Verantwortlichen in den Diözesen und Gemeinden fortgesetzt. Die Kinder und Jugendlichen haben es dann besonders bei der Sternsingeraktion in viele Häuser getragen, auch wenn dort keine katholischen Christen oder überhaupt keine Christen wohnten. Damit hat Prälat Poll nicht nur immer wieder viele Freunde gewonnen, sondern er hat auch für die Ausbreitung des Glaubens bei uns viel Gutes tun können. Wir sind selber ja auch ein Stück Missionsland geworden. Prälat Poll hat eine vorbildliche religionspädagogische Arbeit geleistet, die man sich in vielen anderen Bereichen ähnlich wünscht. Er hat in eindrucksvoller Weise diese Aktionen mit gutem Spürsinn, mit zugkräftigen Leitworten und aufrüttelnden, begeisternden Bildern vorbereitet. Dies alles wirkte weit über die Kirche hinaus in die Öffentlichkeit unseres Lebens, aber auch tief hinein in die Herzen der Menschen, so dass sie gerne und großzügig spendeten.

Lieber Herr Prälat Poll, so haben Sie in einer fast einmaligen Weise die Gunst der Stunde genutzt und viel dazu beigetragen, dass das Evangelium, verkündet durch Kinder und Jugendliche, in unserer Welt: bei uns und in vielen Ländern der Erde aufleuchtete und Freude sowie Frieden brachte verheißen hat. Die deutschen Bischöfe und auch ich persönlich sagen Ihnen für diesen zwei Jahrzehnte währenden Einsatz ein sehr herzliches Vergelt´s Gott. Wir freuen uns, dass der Heilige Vater persönlich diese hohe Wertschätzung Ihrer Arbeit von oberster Stelle her anerkannt hat.

Man kann Sie nicht kopieren. Jeder hat sein Charisma. Dies gilt auch für Ihren Nachfolger, der seit seiner Priesterweihe im Kölner Dom am Lichtmesstag 1966 ein unermüdlicher Begleiter der Jugend war und ist. Als Rektor des Hauses Altenberg hüteten Sie fast 20 Jahre das wohl bedeutendste Zentrum der Jugendseelsorge in unserem Land. In dieser Zeit haben Sie unermüdlich in der Jugendseelsorge mitgewirkt. Sie haben die Friedensstafette „Altenberger Licht" wieder eingeführt. Zuletzt haben Sie nun zehn Jahre lang die Erfahrungen wieder gebündelt und konzentriert in einer konkreten Pfarrei, in St. Martinus Kaarst eingesetzt. Zahlreiche Werkbücher mit Predigten und Meditationen zeugen von Ihrer unermüdlichen Bereitschaft zur Weitergabe des Glaubens an junge Menschen. Mit Ihrer musikalischen Begabung haben Sie auch viele Lieder verfasst und konnten auf diese Weise, wie Ihre Liedsammlung „Dies und das aus meiner Liederwerkstatt" bezeugt, Freude, Begeisterung und Schwung in die Jugendarbeit bringen. Deshalb, so bin ich fest überzeugt, haben wir in Pfarrer Pilz einen guten und tüchtigen, bewährten und trotz seiner 60 Jahre beweglichen, sensiblen Nachfolger für Herrn Prälat Poll gefunden. Beide bringen etwas ganz Entscheidendes mit, was die Kirche immer wieder braucht und Gott ihr offenbar immer wieder schenkt: Männer und Frauen, die aufgrund eines lebendigen Glaubens frisch und jugendlich geblieben sind. Der Glaube macht jung und froh. Amen.

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz