Es ist kein Wunder, dass die Ereignisse um die Finanzierung und die Ausstattung des Bischofshauses in Limburg viel Staub aufgewirbelt haben. Es gab schon länger keinen Anlass dieser Größenordnung, um die ganze Medienwelt in eine wochenlange Aufmerksamkeit zu versetzen.
Dabei gab es von Anfang an viel Häme, ja manchmal auch gegenüber dem Bischof eine nicht zu übersehende Feindseligkeit. Damit soll jedoch nicht behauptet werden, die Angelegenheit hätte nicht einen sehr realen Anhaltspunkt und Grund in Limburg und wohl auch beim Bischof selbst. Man kann die Herausforderung, die in den Ereignissen selbst und den Informationen darüber liegt, nicht übersehen, soll sie aber auch nicht zu irgendwelchen Formen der Verkleinerung der Affäre missbrauchen. Was geschehen ist, bleibt ein vielfältiges Skandalon.
Natürlich kann und will ich hier nicht die Ereignisse selbst nacherzählen oder kommentieren. Es geht mir eher darum, wie die entstandene Situation die Kirche außerhalb von Limburg trifft. Ich will es in einigen Punkten besonders hervorheben:
• Es ist verständlich, dass man sich in diesem Zusammenhang mit der Finanzierung der Kirchen überhaupt beschäftigt. Dies ist nicht ganz so einfach, denn ihre Gesamtlage in unserem Land ist sehr komplex und differenziert. Jedes Pauschalurteil geht fehl. Sehr oft ist dies nicht beachtet worden.
• Nicht wenige Berichte und auch Umfragen über die Finanzierung der Diözesen enthielten offen oder mehr verborgen ärgerliche Anspielungen auf ein Gesamturteil über die Kirchenfinanzierung, etwa von der Art: „So sind sie alle!", „Die Kirche hat zu viel Geld.". Es wurde daraus ein „luxuriöses" Verhalten vor allem der Bischöfe abgeleitet. Diese oft unterschwellige Ausweitung eines Urteils über Limburg hinaus war ungerechtfertigt und bleibt es auch, wenn nicht klare Beweise vorliegen.
• Ich habe viel über die Einnahmen der Kirche gelesen, aber so gut wie nie habe ich Hinweise gefunden über das, was die Kirche mit diesen Einnahmen anfängt und leistet. So entsteht leicht der Verdacht, wir würden diesen „Reichtum" anhäufen und darauf sitzen bleiben. Dass man auf den konkreten Umgang der Kirche mit diesen Einnahmen gar nicht zurückkommt, ist für das, was die Kirche seit bald zwei Jahrtausenden bis heute tut, ungerecht und ärgerlich. Dabei sind die notwendigen Daten seit Jahrzehnten für die allermeisten Diözesen relativ leicht zugänglich.
• Dies alles ist nicht selten rasch kombiniert worden mit persönlichen Informationen, aber auch falschen Mutmaßungen über einzelne Bischöfe und insgesamt über sie. Da wurden Brutto-Gehälter ohne jede nähere Klärung veröffentlicht. Es wurde behauptet, die Bundesländer würden direkt die Besoldung der Bischöfe vornehmen, was in dieser Form einfach nicht stimmt. Natürlich kamen auch die üblichen Standardfragen, welches Dienstfahrzeug ein Bischof fährt, ohne die näheren Umstände zu klären.
Dies alles wurde in zahlreichen Medien oft Tag für Tag eingehämmert und hat sich auch in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt. Ich will darüber nicht einfach klagen, wenn ich mich auch über falsche Angaben und vor allem diskriminierende Untertöne geärgert habe. Denn es ist ja kein Zweifel, dass es in Limburg selbst reale Gründe für das entstandene Unbehagen gab. Man darf gespannt sein, wie viel und was nach dem Abschluss der Untersuchungen noch deutlicher wird. Vieles beschämt mich jetzt schon tief.
Aber einiges steht schon heute fest: Vieles, was über die Kirchenfinanzen seit Jahren allgemein und jeweils für die einzelnen Diözesen veröffentlicht worden ist, wurde wenig zur Kenntnis genommen. Es ist kein festes, relativ leicht abrufbares Allgemeinwissen geworden, wie es für viele andere Dinge gilt.
Dabei geht es bei diesen Feststellungen freilich nicht um eine einseitige und billige Anklage an die Medien. Die ganze Situation hat auch geoffenbart, dass wir in der Kirche zu wenig bemüht waren, die recht differenzierte Situation der Kirchenfinanzierung insgesamt und im Detail verständlich aufzubereiten. Dies muss bald, sehr gründlich, lückenlos und auch unter Aufwendung aller erreichbaren wissenschaftlichen Hilfen geleistet werden. Dies gilt nicht nur für die Kirchenverwaltungen, sondern auch z.B. für die staatskirchenrechtliche und kirchenpolitische Dimension dieser Fragen. Mindestens dies ist eine erste, nicht mehr wegzudiskutierende Lehre.
(c) Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz
von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz
Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz