Weltkirche konkret

Kleiner Rückblick auf das Konsistorium

Datum:
Montag, 3. April 2006

Kleiner Rückblick auf das Konsistorium

Gastkommentar für die Kirchenzeitung "Glaube und Leben" - April 2006

Es gibt Zeiten, in denen mehr die Kirche in einem Bistum, in einem ganzen Land oder auch in der weiten Welt im Vordergrund steht. In diesen Wochen geht es immer wieder um die ganze Kirche in unserer Welt. Am 19. April wird es ein Jahr seit der Wahl von Papst Benedikt XVI. sein. Der letzte Lebensabschnitt von Papst Johannes Paul II. steht uns besonders mit dem eindrucksvollen Leiden und Sterben am 2. April 2005 vor Augen. Kurz vor diesen Ereignissen hat Papst Benedikt XVI. sein erstes Konsistorium abgehalten, in dem er nicht nur 15 Kardinälen ihre Würde verlieh, sondern auch einen Tag lang mit den inzwischen 193 Kardinälen aus der ganzen Welt sprach.

Es sind also wirklich Wochen, wo uns immer wieder unter verschiedenen Perspektiven die ganze Kirche in ihrer bunten Vielfalt entgegen kommt. Wir sind ja oft in unseren eigenen Sorgen befangen. Große Ereignisse müssen uns immer wieder die Augen aufmachen, damit wir wieder mehr Weite bekommen, andere besser verstehen – und dies tut uns am Ende selbst gut, wenn wir ein wenig von der eigenen Befangenheit befreit werden.

Die neuen Kardinäle kamen buchstäblich aus der ganzen Welt, beinahe aus allen Kontinenten. Es sind Männer, die im Vatikan hohe Dienste übernehmen, wie der Nachfolger von Kardinal Ratzinger in der Glaubenskongregation, aber auch wichtige Bischofssitze in aller Welt sind dabei: in Venezuela (Caracas), auf den Philippinen (Manila), in Spanien (Toledo), Korea (Seoul), den USA (Boston) und Italien (Bologna). Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, unser Nachbar aus Bordeaux, ist dabei. Viele freuten sich, dass der jahrzehntelange Sekretär von Johannes Paul II., der heutige Erzbischof von Krakau, nun auch die Kardinalswürde erhielt. Besondere Aufmerksamkeit kam auch dem Erzbischof von Hong Kong entgegen, das seit 1997 in der Volksrepublik China liegt und doch ein Fenster dieses bevölkerungsreichsten Landes zur ganzen Welt öffnet und eine Schnittstelle nach innen und außen darstellt. Erzbischof Zen kennt ungewöhnlich gut die Situation auf dem Festland, in Taiwan und in der ehemaligen britischen Kolonie Hong Kong, wo auch ca. 10 Prozent Christen, darunter die Hälfte Katholiken, wohnen. Drei hochverdiente Mitglieder, die das 80. Lebensjahr vollendet haben, kamen in das Kardinalskollegium: ein ehemaliger Apostolischer Nuntius, ein afrikanischer Erzbischof (er konnte nur im Rollstuhl dabei sein) und ein namhafter Bibeltheologe. In ihnen hat der Papst viele Mitbrüder mit ähnlichen Aufgaben geehrt.

Es ist immer wieder aufrüttelnd zu erfahren, dass man wirklich zu einer Weltkirche gehört. Man hat nicht nur Beziehungen zu anderen Kirchen in aller Welt, sondern es handelt sich wirklich um Mitbrüder aus derselben Gemeinschaft des Glaubens, die wiederum viele Schwestern und Brüder vertreten. Unsere Sorgen, die ich nicht herunterreden möchte, werden dann doch im Weltmaßstab kleiner, als wir oft denken. Wir spüren auch immer wieder, wie wir Dank der Hilfsbereitschaft vieler Menschen in unserer Kirche anderen helfen und Mut machen können. Man betet in denselben vertrauten gottesdienstlichen Formen. Neben den einzelnen Sprachen aller Länder vereint immer noch, besonders in den großen Gebeten des Glaubens, das Latein.

Noch nicht genug. Es ging nicht nur um Fest und Feier. Papst Benedikt hat einen ganzen Tag mit den Kardinälen als engsten Mitarbeitern aus der ganzen Welt über manche Fragen gesprochen. Er legt Wert auf diesen konkreten Austausch. Seit seiner Wahl vor einem Jahr kennen sich auch die Kardinäle besser und sind enger zusammengerückt. Vieles spricht dafür, dass der Papst diese Nähe auch künftig erhalten und nützen möchte.

© Karl Kardinal Lehmann

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz