Wir haben in diesen Tagen schon viel über den Theologen Walter Kardinal Kasper gehört und werden dies auch noch vertiefen. Dabei stand das Gottesverständnis im Zusammenhang seines großen Werkes „Der Gott Jesu Christi" im Vordergrund (Neuausgabe Freiburg i. Br. 2008, Band 4 der Gesammelten Schriften). Ich brauche nichts davon zu wiederholen und möchte nur ein kurzes, bescheidenes Wort des Dankes sagen.
Walter Kardinal Kasper ist ein großer Glücksfall für die Kirche und besonders die Ökumene. Er ist es besonders durch die geglückte Synthese der vielen Kompetenzen und Erfahrungen, die in seiner Persönlichkeit, in seinem Leben, in seinem theologischen Werk und in seinen Aufgaben zusammenlaufen. In seltener Weise hat er für alle diese Bereiche jeweils ein überragendes Charisma.
Er hat stets Kontakt gehalten zur alltäglichen, auch pastoralen Lebenspraxis der Kirche. Er kennt die Menschen und hat nie den Bodenkontakt verloren. So hat er sich auch bis heute die Fähigkeit erhalten, das, was theologisch und lehramtlich gesagt wird, zu erden, zu verifizieren und zu bewähren. Er ist ein Anwalt der Menschen. Darum eignet ihm auch der Mut zur Offenheit und zum klaren Wort.
Gott hat ihm dafür eine große geistige und spirituelle Begabung für den Beruf des wissenschaftlichen Theologen geschenkt. Es sind bald 50 Jahre, dass er unaufhörlich die Verantwortung als Theologe wahrnimmt, an welcher Stelle er immer auch steht. Er kennt die Tradition der Kirche, liebt ihre Schätze der Überlieferung und des Gottesdienstes, hat auch die Folgen theologischer Erkenntnisse im Blick, leidet an den Spaltungen und Zerwürfnissen und gibt durch sein Leben und sein Werk Hoffnung, dass man diese auch überwinden kann.
Es dürfte ein besonderes Geschenk sein, dass Kardinal Kasper als Theologe nicht nur das Bischofsamt übernommen hat, sondern dass er es auch in dem großen Bistum Rottenburg-Stuttgart, seiner Heimat, und in der Deutschen Bischofskonferenz zehn Jahre lang als Diözesanbischof mit allen Kräften wahrgenommen hat. So kennt er die heutige Verantwortung in der Kirche, die fruchtbare Mitarbeit so vieler und die besonderen Gaben und Nöte einer konkreten Ortskirche, sei es in einem Bistum oder auch im Bereich einer Bischofskonferenz.
Im kommenden Jahr werden es wiederum zehn Jahre sein, dass er in Rom die Zuständigkeit für den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen übernommen hat, zunächst als Sekretär, nach seiner Kardinalserhebung im Frühjahr 2001 dann als Präsident. Unermüdlich versucht er - es war immer schon sein Anliegen - die getrennten Christen erneut um den Herrn zu scharen und sie tiefer untereinander zu verbinden. Dies tat er unter Aufbietung aller Kräfte: auf vielen Reisen, in unzähligen Sitzungen, in vielen Kirchen und Kulturen, ohne deswegen an Rückschlägen und Ungeschicklichkeiten anderer zu verzweifeln. Er findet und gibt immer wieder neue und frische Hoffnung auf dem Weg der Kirche zu einer sichtbaren Einheit.
Es scheint mir, dass das besondere Geschenk der Person Walter Kardinal Kaspers für die Kirche und die Ökumene in dem ungewöhnlichen Zusammenwirken dieser vier Dimensionen des kirchlichen Lebens und Wirkens liegt. Es ist wirklich, um ein Wort der christlichen Gotteslehre aufzunehmen, eine Art von Perichorese: das Ineinandersein und die gegenseitige Durchdringung der Fähigkeiten und Kompetenzen, ja der Charismen. Dieses geistgewirkte Ineinander ist auch zugleich das Band, das die Person eint. Die eine Dimension befruchtet die andere. Diese Gaben sind gleichursprünglich in seiner ganzen Sendung dynamisch gegenwärtig und fruchtbar. In diesem Sinne ist das trinitarische Geheimnis des dreifaltigen Gottes auch hier der tiefste Grund und der letzte Sinn des Geheimnisses der menschlichen Person. Diese Einsicht lag Kardinal Kasper immer am Herzen.
Gewiss darf ich ihm im Namen der deutschen Bischöfe und aller, die in der Ökumene eine wichtige Aufgabe erblicken, für seinen unermüdlichen Einsatz „dass alle eins seien" ein herzliches Vergelt´s Gott sagen und ihm gesunde, fruchtbare und segensreiche Jahre für die Zukunft wünschen, in der er uns gewiss noch oft bereichern wird.
(c) Karl Kardinal Lehmann
Es gilt das gesprochene Wort
von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz
Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz