In den letzten Jahren hat die Schwangerschaftsberatung der Kirche größte Aufmerksamkeit gefunden. Dabei waren es vor allem die Nachrichten über Konflikte und Spannungen, Sonderwege und Einsprüche Roms, die beachtet wurden.
Andere Nachrichten haben es schwerer. So ist trotz deutlicher Worte in der Pressekonferenz am 29.9.2000 nach der Bischofskonferenz in der öffentlichen Meinung zu kurz gekommen, was in dieser Sache beschlossen worden ist. Die Bischofskonferenz hat die Grundlagen der künftigen Beratungstätigkeit verabschiedet. Diese knüpfen an die bisherige bewährte Beratungstätigkeit unserer Stellen an und schreiben sie fort. Wir stellen zwar ab dem 1.1.2001 – vom Bistum Limburg einmal abgesehen – keine Beratungsbestätigungen mehr aus, wir beraten aber wie bisher konsequent weiter.
Dabei wollen wir das ganze Spektrum bisheriger Beratungen beibehalten und in mancher Hinsicht sogar noch erweitern (z.B. hinsichtlich der Probleme bei der Pränataldiagnostik, Beratung nach einer Abtreibung oder einer Fehl- oder Totgeburt). Dies bedeutet, dass die Kirche über ihre Beratungsstellen, die überwiegend von den Caritasverbänden und dem Sozialdienst katholischer Frauen getragen werden, Schwangerschaftsberatung in Konflikten anbieten. Diese ist freilich von der gesetzlichen Schwangerschaftskonfliktberatung zu unterscheiden, die sich vor allem auf den Konflikt schlechthin, nämlich Leben oder Tod des Kindes mit in Aussicht genommener Abtreibung, bezieht und dafür durch das Ausstellen des "Scheins" eine wichtige Voraussetzung leistet. Diesen Weg gehen wir nicht mehr mit. Aber wir werden weiterhin unsere öffentliche Verantwortung wahrnehmen und die Beratungstätigkeit auch im staatlichen gesetzlichen Rahmen, d.h. des Schwangerschaftskonfliktgesetzes vom 21.8.1995, durchführen.
Wir haben bisher eine allseits anerkannte Arbeit in diesem Rahmen geleistet. Es ist nicht einzusehen, warum wir nicht, wo dies gesetzlich möglich ist, im Rahmen des Gesetzes im Sinne von "Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft" (Schwangerschaftskonfliktgesetz § 2 Nr. 7) beraten, zumal die Ratsuchenden "zwischen Beratungsstellen unterschiedlicher weltanschaulicher Ausrichtung auswählen können" (§ 3) müssen. Darüber gibt es wohl zur Zeit mit fast allen Bundesländern Gespräche in Richtung von Vereinbarungen.
Wir haben also den entschiedenen Willen, mit vollen Kräften und verstärkt weiterzuberaten. Die Stellen, die aufgrund dieser neuen Richtlinien beraten werden, werden die einzigen sein, die den Anspruch aufrechterhalten können, kirchliche Schwangerschaftsberatungsstellen zu sein. Andere Träger können sich nur so nennen, wenn sie diese neuen Richtlinien ihrer Tätigkeit zugrundelegen.
Dafür brauchen wir das Vertrauen in Kirche und Gesellschaft. Die beratenden Frauen, die bisher hohe Anerkennung gefunden haben, verdienen auch künftig volle Anerkennung. Durch eine größer angelegte Informationskampagne werden wir mit Hilfe professionell renommierter PR-Agenturen uns um die Jahreswende bemühen, weitere Kreise in unserer Gesellschaft erneut von der bleibenden Qualität der Schwangerschaftsberatung in kirchlicher Trägerschaft zu überzeugen.
Diese Beschlüsse, die in den kommenden Wochen noch genauer ausgeführt werden müssen, wurden einstimmig gefasst. Jetzt brauchen wir eine hohe Zustimmung zu dieser Einladung. Aber entscheidend ist, dass das bisher bewährte und nun auch erneuerte Fundament vor allem von den betroffenen Frauen und von den Beraterinnen angenommen wird: Wir beraten weiter! Wir nehmen uns Zeit. Sie können sich nach wie vor auf unseren guten Rat und unsere Hilfe verlassen.
Cpyright: Karl Lehmann, Mainz
(aus: Bistumszeitung Glaube und Leben, Oktober 2000)
von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz
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