Zum 80. Geburtstag von Prälat Walter Seidel

Kurze Würdigung bei der Akademischen Feier im Erbacher Hof am 22. Februar 2006- Zusammenfassung

Datum:
Mittwoch, 22. Februar 2006

Kurze Würdigung bei der Akademischen Feier im Erbacher Hof am 22. Februar 2006- Zusammenfassung

Es freut mich, dass wir so viele Freunde von Herrn Prälat Dr. h.c. Walter Seidel hier begrüßen können, der heute seinen 80. Geburtstag begeht. Ich werde nicht alles wiederholen, was ich bei vielen Gelegenheiten im Blick auf das Lebenswerk von Herrn Prälat Walter Seidel ausführlich gesagt habe: zum 70. Geburtstag 1996, zum 75. Geburtstag 2001, zu seiner Verabschiedung als Direktor des Erbacher Hofes ebenfalls 2001 und zum Goldenen Priesterjubiläum 2004 im Mainzer Dom. Aber das, was er für uns geleistet hat, bedarf nicht nur der dankbaren Erinnerung, sondern eben auch der Anerkennung am heutigen Tag.

Herr Prälat Seidel steht über 50 Jahre im Dienst des Bistums Mainz. Die erste und einzige wirkliche Kaplansstelle in St. Bonifatius, Gießen, damals noch so etwas wie die Mutterpfarrei der Oberhessischen Gemeinden, hat ihn tief geprägt. Davon rühren seine Liebe zur Diaspora, aber auch die Freude am eigenen Glauben, nicht zuletzt aber auch sein großer Einsatz für die Ökumene.

Im kommenden Jahr (2007) sind es 50 Jahre, dass Walter Seidel unaufhörlich in der Stadt Mainz tätig ist. Über viele Jahre war er Studentenpfarrer und hat die Hochschulgemeinde St. Albertus ausgebaut. Er gehört in die Reihe einiger besonders herausragender Pioniere einer neuen Hochschulpastoral nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus dieser Zeit rühren unzählige Freundschaften. Viele Studierende haben in diesen Jahren bei Walter Seidel die Zurüstung des Glaubens für ihr persönliches Leben und ihre berufliche Verantwortung erhalten. Als Prälat Seidel gut zehn Jahre später diese Aufgabe abschloss, war die Welt schon recht anders geworden. Man denke an die Umwälzungen des Jahres 1968.

Aber er blieb dem Bereich der Hochschule und nicht zuletzt der akademischen Welt sehr verbunden. Er war auch ein guter Theologe, der einerseits vom Suchen und Ringen der Menschen wusste und anderseits aber auch das Finden eines Zieles und die Erfüllung des menschlichen Lebens in Gott mit allen Kräften förderte. Ich bin dankbar, dass die Johannes Gutenberg-Universität dies durch die Verleihung des Theologischen Ehrendoktorrates anerkannte. Bis zum heutigen Tag ist Prälat Dr. h.c. Seidel besonders eben auch für viele Menschen, die selbst eine größere Entfernung in Kauf nehmen, ein gesuchter und gerne gehörter Prediger (vgl. den Gottesdienst um 11.30 Uhr im Mainzer Dom). Prälat Seidel hat nicht nur ein hohes Interesse und eine große Sensibilität für die Fragen der Kunst (vgl. z.B. die Ausgestaltung des „Aschermittwochs der Künstler“), sondern er hat selbst ein künstlerisches Talent, in der Musik verbunden mit dem Violinenspiel, aber eben auch durch die Kunst der Gestik und Mimik, ein regelrechtes schauspielerisches Talent, hier nicht unähnlich seinem großen Gönner Hermann Kardinal Volk und dem verstorbenen Papst Johannes Paul II.

Zur Akademikerpastoral gesellte sich immer schon die Bildungsarbeit, nicht zuletzt die Fortbildung der Priester. Die Tätigkeit im Haus am Dom und die Vorträge im Dom sind hier eigens zu nennen und bilden eine unentbehrliche Brücke zwischen den verschiedenen Aufgaben. Immer wieder hat Walter Seidel Aufträge übernommen, die nicht schon feststehende Positionen voraussetzen. Es waren oft Pionierleistungen, die Improvisationen und schöpferische Klugheit voraussetzten. Ich darf nochmals die Priesterfortbildung (ab 1970), aber auch die herausragende Arbeit für die Ökumene (ab 1972) nennen, und zwar auf allen Ebenen: im Bistum, in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, auf der Ebene der Bundesrepublik und in der Region Rhein-Main, aber auch als Teilnehmer der ökumenischen Gespräche zwischen der VELKD und der Deutschen Bischofskonferenz. Zeuge für die große Wertschätzung dieser Arbeit ist Herr Bischof Prof. Dr. Paul-Werner Scheele, ein alter Mitkämpfer und Freund, den ich sehr herzlich begrüße und ihm zugleich auch für seinen Festvortrag danke.

So liefen schließlich fast alle Fäden in der Planung und beim Bau des Erbacher Hofes zusammen. Hier konnte Prälat Seidel seine vielfältigen Erfahrungen aus der Akademikerarbeit einbringen, in enger Zusammenarbeit mit dem zuständigen Dezernenten, Herrn Weihbischof Wolfgang Rolly, der leider nicht unter uns sein kann und den ich sehr herzlich grüße. Prälat Seidel hat es immer wieder verstanden, durch Menschenfreundlichkeit und Humor, Gastfreundschaft und dem Stil des Hauses, Kompetenz und ein gutes Witterungsvermögen für die „Zeichen der Zeit“ eine gedeihliche Atmosphäre für die Sachgespräche zu schaffen. Dass der Erbacher Hof, glücklich fortgesetzt durch den jetzigen Direktor, Prof. Dr. Peter Reifenberg, inzwischen zu den angesehenen Akademien und Bildungshäusern in unserer Kirche und in unserem Land gehört, geht auf diese geglückte Gründung vor allem durch Herrn Prälat Seidel zurück. Ab 1992 war er der einzige Direktor des Bildungszentrums, nachdem er schon ab 1986 Mitglied der Leitung war. 15 Jahre hat Prälat Seidel dieses Haus grundlegend geprägt und dadurch, wie schon erwähnt, das Fundament geschaffen für die hohe Anerkennung, die dem Erbacher Hof überall zuteil wird. Hier findet man auch heute noch die Spuren seiner Persönlichkeit und seines Wirkens. Katholische Weite und ökumenische Offenheit verbinden sich miteinander. Prälat Seidel hatte, ähnlich wie Prof. Reifenberg heute, den Mut, unkonventionelle, unbequeme, vergessene Themen und Gestalten zum Leben zu erwecken. Vor allem konnte er in hervorragender Weise die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses motivieren und für das Haus gewinnen. Er war auch in diesen Dingen von Grund auf Seelsorger.

Dies ist er für viele Menschen bis zum heutigen Tag geblieben. Ich denke an viele seelsorgliche Gespräche, die er mit zahlreichen Menschen führte und noch führt, nicht zuletzt auch aus dem Bereich der Ökumene und im Zusammenhang mit Konversionen. Dieser Aufgabe ist er bis heute in einzigartiger Weise treu geblieben.

Verehrter, lieber Herr Prälat Seidel, das Bistum Mainz und ich als Bischof, in dieser Stunde auch in dankbarer Erinnerung an Hermann Kardinal Volk, danken Ihnen für diesen großen Dienst. Sie sind im Blick auf die erwähnten Aufgabenfelder der Kirche eine Säule des Bistums gewesen und geblieben. Ein herzliches Vergelt´s Gott und Gottes Segen für hoffentlich noch viele Jahre, dass Sie uns lange erhalten bleiben.

© Karl Kardinal Lehmann

Es gilt das gesprochene Wort

von Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz

Copyright: Karl Kardinal Lehmann, Mainz