Lehmann: Die Globalisierung wirkt und schlägt zurück

Erste Vorlesung der Mercator-Professur der Universität Duisburg-Essen

Datum:
Mo. 19. Dez. 2016
Von:
tob (MBN)
Duisburg. Der frühere Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hat dazu aufgerufen, „diese weltweiten Migrationsbewegungen nicht als begrenzten Ausschnitt besonderer Not- und Armutssituationen“ zu begreifen, sondern „die immer größer werdende globale Perspektive“ mit zu bedenken.

„Die Globalisierung wirkt und schlägt zurück“, sagte Lehmann am Dienstagabend, 13. Dezember, bei der Auftaktvorlesung der Mercator-Professur der Universität Duisburg-Essen. Und weiter: „Angesichts der Besonderheit dieser Not dürfen wir auch unsere Hilfe nicht zu klein und zu eng ansetzen. Wir dürfen sie nicht zerstückeln. Dem globalen Marsch muss auch eine wenigstens global orientierte Hilfe entsprechen. Wir müssen mit allen Kräften eng zusammenarbeiten.“ Sein Referat stand unter der Überschrift „Fremde und Heimat im Widerstreit: Genese und Auflösung einer elementaren gesellschaftlichen Konfliktsituation heute“.

„Der Schutz von Flüchtlingen gehört also vom Anfang der biblisch-christlichen Religion an zum genuinen Auftrag der Kirche“, betonte Lehmann. „Immer mehr galt: Die Menschenrechte gelten auch für Rechtlose und Heimatlose.“ Und weiter: „Die Kirchen schärften durch Predigten, Feste und Informationsarbeit das Gewissen und ermutigten die Gemeinden, Flüchtlinge aufzunehmen. Dazu gehört bis heute der soziale Beistand durch Erstversorgung, Unterbringung, Beratung, Unterstützung bei Behörden, Petitionen, Familienzusammenführung und alle Formen der Integration. Kirche und Caritas/Diakonie sind gewiss mit anderen Kräften Anwalt für Asylsuchende und Flüchtlinge. Sie setzen sich ein für eine menschenwürdige Behandlung und faire Verfahren.“

Lehmann würdigte den großen Einsatz von Ehrenamtlichen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren: „Ich muss jedenfalls für die mir zugänglichen Bereiche unseres Landes feststellen, dass sich sehr viele Menschen, Gruppen, Vereine und Einzelne in einer überraschenden Häufigkeit und Dichte bei der Bewältigung der Flüchtlingsproblematik enorm einsetzen. Dabei können wir nicht selten auch viele Flüchtlinge, die selber ein böses Schicksal hatten, in der Hilfe für andere wiedererkennen. Hier lassen sich auch zum Beispiel viele ansprechen, die - aus welchen Gründen immer - der Kirche den Rücken gekehrt haben, jetzt aber durch die Dringlichkeit dieses Weltproblems und das mutige Miteingreifen der Kirche sich wieder religiös-humanitär ansprechen und motivieren lassen.“

Zweiter Vortrag am 17. Januar 2017

Der zweite Vortrag von Kardinal Lehmann im Rahmen der Mercator-Professur findet am Dienstag, 17. Januar 2017 (18.00 Uhr, Audimax Essen), statt. Dann wird Kardinal Lehmann zum Thema „Die Rolle des Gewissens im Zusammenleben innerhalb einer modernen Gesellschaft“ sprechen.

Hinweis: www.uni-due.de/de/mercatorprofessur

Die Vorlesung bei Youtube: https://youtu.be/L6-YWm-E-zw