Zum Inhalt springen
"Annuntio vobis gaudium magnum:
habemus papam, eminentissimum ac reverendissimum
dominum Robertum Franciscum sanctae romanae ecclesiae cardinalem Prevost, qui sibi nomen imposuit Leonum XIV. "

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Schwestern und Brüder,

habemus papam, wir haben einen Papst:

Robert Francis Prevost, der den Papstnamen Leo XIV. wählte. Das war die Nachricht vom 8. Mai 2025, nach einem kurzen Kon- klave von nur ca. 24 Stunden.

„Da ist dem Heiligen Geist mal wieder eine Überraschung gelun- gen!“, schrieb mir ein befreundeter Mitbruder in einer Kurznach- richt. Dass „alles offen“ war, zeichnete sich ab, nachdem bei den letzten Papstwahlen alle früheren Gewohnheiten durchbrochen bzw. überwunden wurden.

Prognosen zum beginnenden Pontifikat wären voreilig. Doch einige erste Zeichen zeigen sich vielleicht schon:

Die Kardinäle wählten einen Papst mit wirklich internationalem Profil, das schon in seiner Familiengeschichte liegt und sich in seinem Lebenslauf fortsetzt, vom Aufwachsen in den USA über lange Jahre der Erfahrung und Prägung in Lateinamerika bis zu seinem Amt als Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe. So lernte er vor seiner Papstwahl die römische Kurie aus der Per- spektive eines ihrer wichtigsten Ämter kennen, ist aber eigent- lich ein Vertreter der Weltkirche, die er zugleich ideal verkörpert. So können sich wohl viele Teile der Weltkirche mit Papst Leo identifizieren, in regionaler und theologischer Dimension.

Programmatisch ist sicher die Wahl seines Namens, Leo, mit dem er anknüpft an Papst Leo XIII., der zum Ende des 19. Jahr- hunderts die „Soziale Frage“ als eine der entscheidenden Fragen der Zeit wahrnahm und ihre Relevanz für das Wohl der Menschen , aber auch für Lehre und Engagement der Kirche er- kannte. So war Leo XIII. mit „Rerum novarum“ quasi der „Erfinder“ der Sozialenzyklika.

Das II. Vatikanische Konzil schrieb der Kirche ins Stammbuch, in den „Zeichen der Zeit“ in geschichtlich-gesellschaftlichen Realitä- ten den Anruf Gottes zu erkennen und diese Zeichen der Zeit „im Lichte des Evangeliums zu deuten“.

Welches sind die Zeichen unserer Zeit?

Welche gesellschaftlichen Herausforderungen legt Gott heute der Kirche ans Herz durch die Welt, wie sie ist?

Wie kann die Kirche die Zeichen unserer Zeit im Lichte des Evangeliums deuten?

Wie kann sie das Evangelium in dieser Welt verkünden?

Unsere global interdependente Welt ist komplex geworden und nicht wenige wollen sich dieser Komplexität entziehen, suchen manchmal nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen.

Als Christen glauben wir, dass der Glaube helfen kann, Antworten auf die wesentlichen Fragen des Lebens zu finden, von denen viele durch die Zeiten hindurch die gleichen bleiben, andere aber eher

„Fragen der Zeit“ sind, die sich durch die Lebensbedingungen von heute anders stellen, als zu früheren Zeiten. Wir vertrauen darauf, dass Gott uns leitet und uns helfen will, die Zeichen der Zeit im Lichte des Evangeliums zu deuten.

Dem Papst kommt dabei besonders der „Dienst an der Einheit“ zu, als „Pontifex“, als Brückenbauer zwischen den verschiedenen Strö- mungen und Teilen der Weltkirche.

Eigentlich ist es bemerkenswert, wie intensiv der Tod von Papst Franziskus, das Konklave und die Wahl von Papst Leo in unserer ansonsten oft sehr weltlichen (Medien-) Gesellschaft wahrgenom- men wurde.

Die durch den Papst symbolisierte Einheit der Weltkirche ist eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance, denn die Katholische Kirche ist die einzige Religionsgemeinschaft, die in dieser Weise weltweit durch ein solches zentrales Amt repräsentiert wird.

Wahrscheinlich ist es „anstrengend“ für alle Beteiligten, die oft auch sehr unterschiedlichen Strömungen in der Weltkirche beisam- men zu halten, aber es ist auch eine Hilfe, kulturell bedingte Un- wuchten und Einseitigkeiten auszugleichen und verschiedene Aus- prägungen des Glaubens in eine Kommunikation zu bringen, die Weite und Tiefe schafft.

Wir freuen uns über die Wahl von Papst Leo XIV. und wünschen ihm Gottes reichen Segen für seinen Dienst am Evangelium und der Einheit der Kirche!

Gott durchwirkt die Welt und leitet die Kirche durch seinen Heiligen Geist, als unsichtbare Kraft, die die Herzen der Menschen erreichen und prägen will, uns trösten, aufrütteln, ermutigen, besänftigen, sensibel machen und mit Freude und Weisheit erfüllen will, je nach- dem, was wir gerade brauchen.

Die Sendung des Heiligen Geistes feiern wir an Pfingsten – Pen- tecoste – am fünfzigsten Tag, der zugleich die Vollendung des Ostergeheimnisses ist. Vielleicht ist Pfingsten ein schwer verständ- liches Fest, aber auch ein sehr schönes, gerade weil es uns nicht verführt, uns seinen Inhalt allzu einfach vorzustellen.

Denken wir an ein weises Wort des heiligen Augustinus, des Or- densheiligen unseres neuen Papstes:

« Si comprehendis, non est Deus »

„Wenn du es verstehen kannst, ist es nicht Gott“.

Wir können Gott nicht verstehen, begreifen, sein Wesen erfassen. Aber Gott schafft Verständnis unter uns. Er ermöglicht Verstehen unter den Menschen. Pfingsten ist auch ein Fest des Verstehens, denn die Menschen verschiedener Sprachen verstehen plötzlich einander. Das ist mehr als ein sprachliches Phänomen.

Feiern wir Pfingsten als Fest der Weltkirche, als Teil der Weltkirche und in Freude über unsere konkret erfahrbare Weltkirche im Pastoralraum Gießen-Stadt!

So wünschen wir Ihnen im Namen des Pastoralteams und des Pfarrgemeinderates ein gesegnetes Pfingstfest! Bendito Pentecostés! Benedetta Pentecoste! Pentecôte bénie! Blessed Pentecost! Błogosławiona Pięćdziesiątnica!

Erik Wehner, Pfarrer, Leiter des Pastoralraums Gießen-Stadt