Der Begriff Kirchenjahr bezeichnet den Jahreskreis der kirchlichen Feste. Die einzelnen Feste erinnern an Gottes Handeln in Jesus Christus: Sie sind zum einen Gedächtnisfeiern an das Erlösungshandeln von Christus, zum anderen aber auch Verheißungstage auf die zukünftige Vollendung des Heils hin.
Das Kirchenjahr beginnt mit dem ersten Adventssonntag. Es gliedert sich in die Advents- und Weihnachtszeit, die Fasten- und Osterzeit, die bis Pfingsten reicht, und den sich anschließenden Jahreskreis, der nicht mehr durch besondere Festzeiten geprägt ist. Das Kirchenjahr endet mit dem Christkönigssonntag, eine Woche vor dem ersten Advent. Ostern ist das höchste Fest des Kirchenjahres. In seiner heutigen Form wurde der Festkalender des Kirchenjahres für die Katholische Kirche im Jahr 1969 im Anschluss an die durch das Zweite Vatikanische Konzil eingeleitete Liturgiereform festgelegt. Die religiösen Feiern sind eine Form von Kommunikation und Begegnung mit Gott. Sie sind Bestätigung und Erneuerung der Glaubensgemeinschaft. Darüber hinaus geben sie dem menschlichen Leben im Jahreslauf Rhythmus und Struktur. Sie unterbrechen den Alltag der Menschen.
Unabhängig von den Festen des Kirchenjahres gedenkt die Kirche an jedem Tag bestimmter Märtyrer und Heiliger. Die Gedenktage im Heiligenkalender orientieren sich am Todestag des Heiligen.
Zunächst wurden von der christlichen Gemeinde nur der Sonntag und das Osterfest gefeiert. Ab dem vierten und fünften Jahrhundert wurde die Osterzeit mit vorangehender Karwoche und dem sich anschließenden Festkreis bis Pfingsten ausgestaltet. Die Weihnachtszeit mit dem vorangehenden Advent entstand in der Zeit vom vierten bis zum sechsten Jahrhundert. Im Mittelalter kamen weitere Feste hinzu.
Die Grundlage für eine heutige Theologie des Kirchenjahres hat das Zweite Vatikanische Konzil mit der Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ von 4. Dezember 1963 gelegt. Dort heißt es: „Im Kreislauf des Jahres entfaltet sie (die Kirche, d. Red.) das ganze Mysterium Christi von der Menschwerdung und Geburt bis zur Himmelfahrt, zum Pfingsttag und zur Erwartung der seligen Hoffnung und der Ankunft des Herrn. Indem sie die Mysterien der Erlösung feiert, erschließt sie die Reichtümer der Machterweise und der Verdienste ihres Herrn, so dass sie jederzeit gewissermaßen gegenwärtig gemacht werden und die Gläubigen mit ihnen in Berührung kommen und mit der Gnade des Heiles erfüllt werden.“
Den Mittelpunkt des christlichen Lebens bildet der Sonntag. Er ist als wöchentlich wiederkehrendes „kleines Osterfest“, an dem die Auferstehung Jesu gefeiert wird, das tragende Element aller Festtage im Kirchenjahr. Die Sonntagsfeier hat ihren Ursprung in der Auferstehung Jesu „am ersten Tag der Woche“ (Mk 16,2). Die jüdische Sieben-Tage-Woche, die mit dem Sabbat endet, wurde von den Christen beibehalten. Sie versammelten sich jedoch nicht am Sabbat, sondern am ersten Tag der Woche. Ab dem zweiten Jahrhundert kam es zu einer theologischen Identifikation des Sonntages mit dem alttestamentlichen Sabbat. Der jüdische Sabbat hat seinen Ursprung im biblischen Schöpfungsbericht („am siebten Tage ruhte Gott“, Gen 2,2). Kaiser Konstantin der Große hat den Sonntag im Jahr 321 zum öffentlichen Ruhetag erklärt. In „Sacrosanctum Concilium“ heißt es zum Sonntag: „An diesem Tag müssen die Christgläubigen zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken und Gott dankzusagen, der sie wiedergeboren hat zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten’ (1 Petr 1,3). Deshalb ist der Herrentag der Ur-Feiertag, den man der Frömmigkeit der Gläubigen eindringlich vor Augen stellen soll, auf dass er auch ein Tag der Freude und der Muße werde.“