Teil 3: Psalterium

Goldinitiale mit Drachenmotiv aus: Psalterium - Mainz, St. Peter 12. Jh. (c) Martinus-Bibliothek
  • Was ist ein Psalterium? Weshalb entstanden die liturgischen Prachthandschriften? Beispiel aus der Martinus-Bibliothek
  • Aufbau einer Handschriftenseite
  • Initiale
  • Text

Was ist ein Psalterium / Psalter? Weshalb entstanden die mittelalterlichen liturgischen Prachthandschriften? Beispiel aus der Martinus-Bibliothek

Psalm 81 Exsultate Deo aus: Psalterium - Mainz, St. Peter - 12. Jh. (c) Martinus-Bibliothek

Was ist ein Psalterium / Psalter?

Ein Psalterium enthält das alttestamentliche Buch der 150 Psalmen für den Gottesdienst, besonders des Stundengebetes in Klöstern und Stiften, umrahmt mit Antiphonen, Cantica, Hymnen und Orationen.

Weshalb entstanden die mittelalterlichen liturgischen Prachthandschriften?  

Diese Prachthandschriften dienten und dienen der spirituellen Repräsentanz des Wortes Gottes in der ihm gebührenden künstlerischen Gestalt. 

Beispiel aus der Martinus-Bibliothek

Eine der mittelalterlichen liturgischen Handschriften im Bestand der Martinus-Bibliothek ist das "Psalterium aus St. Peter vor Mainz" (Hs 11), die auf das zweite Drittel des 12. Jahrhunderts datiert wird. 

Die Abbildung zeigt die Seite mit dem Beginn (Vers 2) des Psalms 81 "Exsultate Deo".

 

Aufbau einer Handschriftenseite

Psalterium - Mainz, St. Peter: Beatus vir (c) Martinus-Bibliothek

Eine Handschriftenseite setzt sich im allgemei­nen aus folgenden Teilen zusammen:

1.    Initiale

2.    Text

3.    Überschrift

4.    Verzierun­gen

5.    Rand

Alle Bestandteile bilden eine harmonische Ein­heit und sind auch in Farbe und Größe aufeinan­der abgestimmt.

Meist besteht nur die Anfangsseite aus allen Tei­len. Der größte Teil der Handschriften ist einfa­cher gestaltet und besteht nur aus Text und Rand. Einzelne zum Teil ganzseitige Zierseiten ergän­zen die Handschrift.

Die Abbildung zeigt die erste Seite mit dem Beginn des Psalms 1 "Beatus vir".

Initiale

Initiale E

Als Initiale bezeichnet man einen besonders her­vorgehobenen Anfangsbuchstaben.

Die Initiale dient zur optischen Orientierung im Gesamttext, da z.B. die Anfänge von Abschnit­ten und Kapiteln durch Initialen gekennzeichnet wurden.

Ursprünglich hob man die Initialen nur durch ihre Farbe, Größe bzw. ihren Hintergrund hervor. Im Früh- und Hochmittelalter ergänzte man die Buchstaben durch geometrische, tieri­sche (zoomorphe) und pflanzliche (florale Orna­mente. Beispiele dafür zeigen die irisch-angel­sächsische und die karolingisch-ottonische Buch­malerei.

Ein späteres Beispiel zeigt) auch der Psalter aus St. Peter in Mainz.

Im späten Mittelalter enthalten Initialen auch Personen und Szenen aus Bibel und Heiligenle­ben.

Text

Erste Seite, Psalm 1

Im Mittelalter wurde der Text eines Buches durch wiederholtes Abschreiben vervielfäl­tigt. Dies geschah in den Schreibstuben der Klöster, den sogenannten Skriptorien; im späten Mittelal­ter gab es dann auch weltliche Schreiber und Schreibstuben.

Dort wurden die Texte diktiert bzw. abgeschrie­ben. Hör- und Abschreibfehler waren sehr häu­fig; ein Corrector kontrollierte die Texte und be­seitigte die Fehler. Im Rahmen der wissenschaft­lichen Textkritik arbeiten heute die Wissen­schaftler daran, aus den ver­schiedenen Überliefe­rungen eine möglichst ursprüngliche Textform zu bilden.

Als Beschreibstoffe dienten Pergament (gegerbte Tierhaut) und später auch Papier. Zur Blatteintei­lung zog der Schreiber dünne Linien, die man auch heute noch in den Hand­schriften erkennen kann.

Nach der Seiteneinteilung konnte der Schreiber mit der Arbeit beginnen. Der laufende Text wurde ohne die farbigen Initialen geschrieben, wobei die Schreiber die Initiale oft schon klein in Schwarz für den Rubrikator (lat. rubrum = rot) eintrugen. Bei sehr um­fangreichen Texten wurde die Arbeit unter mehreren Schreibern aufgeteilt.

Geschrieben wurde mit Vogelfedern, meistens Gänsefedern. Für den normalen Text be­nutzte man u.a. Rußtusche, für Texte, Textteile bzw. Initialen in prachtvolleren Hand­schriften ver­wendete man farbige bzw. Gold-Tinten.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden viele ver­schiedene Schriftarten verwendet.
Am be­kanntesten sind: 

  • Für den Text: karolingische (ab. 9. Jh.) u. go­tische Minuskel (ab 12. Jh.) sowie Textura (ab. 14. Jh.)
  • Für Überschriften, Textanfänge: Capitalis quadrata, Uniziale und Halbuniziale

Da das Chorgebet gesungen wurde, bringen viele Psalterien Notenbeispiele. Der Psalter von St. Pe­ter zeichnet sich durch zahlreiche Seiten mit Neumen (mittelalterliche Noten­zeichen, Vorläufer der späte­ren Notenschrift) aus.

Digitale Vermittlung - Datenverknüpfung und -verlinkung

Beispiel für die Datenverknüpfung und -verlinkung (Hs 11 Psalterium - Mainz, St. Peter) (c) Martinus-Bibliothek

Verknüpfung verschiedener digitaler Daten (https://mewe.bistum-mainz.de/martinus/psalm001.html):

  • Verknüpfung von Textbausteinen mit dem entsprechenden Bildausschnitt
  • Verlinkung mit den digitalen Textquellen und mit dem Katalogisat der Handschrift im OPAC