Epitaph im Südschiff: Anna Gertrude Litzeler

Eine Familiengeschichte wird erzählt

Epitaph Anna Litzeler (c) Matthias Kirsch
Epitaph Anna Litzeler
Datum:
Sa. 4. Nov. 2023
Von:
Matthias Kirsch

Im südlichen Seitenschiff des Doms findet sich ein fast unsichtbares Monument. Es ist so unscheinbar im Dunkeln verborgen, dass man nur allzu leicht daran vorbei geht. Das Gedächtnismal aus dem Jahr 1741 ist einer Ehefrau und Mutter gewidmet, in einer Zeit, in der die vollständige Zerstörung und Brandschatzung Worms im Jahre 1689 noch allen gut in Erinnerung war. Ursprünglich befand sich der Gedenkstein in der Johanniskirche, die Anfang des 19.Jahrhunderts niedergelegt wurde.

Eine tragische Familiengeschichte

Das Epitaph wurde zu Ehren der frommen Frau Anna Gertrud Litzeler errichtet, die 1740 gestorben ist. Sie war verheiratet mit Florian Litzeler. Nach dem Tod seiner Frau wurde er innerhalb eines Jahres zum Subdiakon, Diakon und Priester geweiht. Er war Stiftsherr und Dekan in St. Andreas. Bereits zuvor hatte er eine hohe Stellung beim Wormser Bischof als Provinzialschreiber. Der Bischof war niemand anderes als Bischof Franz Georg von Schönborn, der zusammen mit Franz Ludwig von Neuburg für die Errichtung des barocken Hochaltars im Wormser Ostchor verantwortlich war. Selbiger war ebenso Auftraggeber der Pfarrkirche von Hofheim, bei deren Grundsteinlegung Florian Litzeler assistierte.

Der Ehemann Florian Litzeler verstarb 7 Jahre nach seiner Ehefrau im Jahr 1747. Die Eheleute Litzeler hatten den 1732 geborenen Sohn Caspar Anton Johann Nepomuk Litzeler, der ebenso 1747 - einen Monat nach seinem Vater - mit 15 Jahren verstarb. Zuvor hat er dieses Grabmal vollenden lassen und 1.000 Gulden für das Jahrgedächtnis seiner Eltern gespendet.

Die Eheleute hatten vier weitere Kinder, die alle früh verstorben sind:

Der 1722 geborene Sohn Johann Baptist Karl und die 1723 geborene Tochter Katharina Franziska Regina starben wenige Wochen nach ihrer Geburt. Die 1727 geborene Tochter Maria Anna Lucia und der 1728 geborene Sohn Johann Caspar Anton sind im Kindesalter verstorben, bevor der hier genannte Sohn Caspar Anton Johann Nepomuk im Jahr 1732 geboren wurde.

Der untere Teil des Epitaphs:

Eine Welt bricht zusammen, die Säulen stürzen ein. Der Tod, Zerstörung beherrschen die Szene. Alles geht zugrunde. Die zerbrochene Säule hat bereits den Tisch des Hauses zerschlagen und der Engel hält über alles Zerstörte das Kreuz. Die Säulen sind vielleicht Inbegriff des Hauses und der Tsch Inbegriff dessen, was im Haus ist: Die Hausfrau ist gestorben und daher die Welt des Ehemannes und Vaters zerbrochen. Aber das Kreuz, das man zu tragen hat mit einem solchen Ereignis, bleibt. Das Kreuz Christi ist in das Geschehen eingetaucht und trägt es mit.  

 

Darüber:

befindet sich das Spruchband mit der Auferstehungszusage aus dem 2. Korintherbrief:

Der Jesus auferweckt hat und uns mit Jesus auferwecken und mit euch darstellen wird. (vor sich hinstellen, im neuen Leben begründen wird)“

 

Schließlich

Die den Tod besiegende Auferstehung Jesu Christi aus dem Grab hinein in die Wirklichkeit Gottes, dargestellt durch Gottvater und den hl. Geist. Es ergibt sich damit ein Bild der Trinität Gottes, in das die Betenden und Verstorbenen aufgenommen werden. Rechts neben Gottvater gibt es einen freien Platz, der wie ein Kosmos, ein Sonnensystem anmutet. Es ist der Platz zur rechten Gottes für denjenigen, der über das All zu herrschen bestimmt ist. Es ist der Platz Jesu Christi, auf den die rechte Hand des Vaters zeigt.

Die Inschrift im Sockel lautet:

Dieses Grabmal für Frau Anna Gertrud Litzeler geborene Wilhelm seligen Angedenkens im Himmel,

am 20. Dezember 1740 hier sehr fromm verstorben,

hat der fromme Ehemann Herr Florian Litzeler errichtet,

des höchst ehrwürdigen und hervorragenden Fürstbischofs von Worms Provinzialschreiber und Kammerrat, später Dekan der Stiftskirche St. Andreas.

Bei seinem Tod am 16. Juni 1747 hinterließ er von seiner Frau Gertrud einen sehr blühenden Sohn, Caspar Anton Johann Nepomuk Litzeler, geboren 13. Juni 1732,

der sein Leben in jungen Jahren vollendete und am 19. Juli 1747 dem Vater folgte.

Für das ewige Heil seiner Eltern und sein eigenes stiftete er tausend Gulden zum Jahresgedächtnis und für ein ewiges Licht und vollendete dieses Grabmal.

Für sie erbitte den ewigen Frieden, frommer Leser.

 

(Übersetzung von Dr. Burkard Keilmann, Worms)

 

 

 

Diakon Matthias Kirsch, City- und Touristenseelsorge Worms

 

Herzlichen Dank an Herrn Joachim Schalk

für die umfangreichen Recherchearbeiten,

Gedanken und Korrekturen zu dieser Erarbeitung