Du warst nicht zu stoppen. Wie ich. Du kanntest das Risiko. Wie ich.
Die tödlichen Unfälle in der Formel 1 sind seltener geworden. Aber immer wieder gibt es spektakuläre Unfälle, bei denen der Wagen in Brand gerät. Das ist die Dornenkrone, die auf mich zukommen kann. Die Karosserie des Rennwagens sieht von oben ein bisschen wie ein Kreuz aus. Du kanntest das Risiko. Und machtest trotzdem weiter. Ich kann das verstehen. Viele andere nicht. „Irrational“, sagen sie und „verrückt“. Man nimmt keine Rücksicht auf sich selbst. Auch auf andere nimmt man oft keine Rücksicht, aber auf sich selbst auch nicht. Das eigene Wohlbefinden ist nicht wichtig. Das „Lebensglück“ ist nicht wichtig – jedenfalls nicht das kleine Glück, für das man sich arrangieren muss, und das man erkaufen muss mit Abstrichen. Es geht um mehr als Glück. Wenn es um mehr geht, kann es keine Kompromisse geben. Dafür lebt man. Dafür geht man Risiken ein. Dafür kommt man an Grenzen. Grenzen sind da, um sie zu überschreiten. Mein Leib, der …hingegeben wird (Lk 22, 19), sagtest Du.
Geschwindigkeit ist ein Rausch. Die Gefahr ist der zusätzliche Kick dabei. Da warst Du anders. Nicht wie ich will, sondern wie Du willst, betetest Du zum Vater (Mt 26, 39). Du wolltest also nicht, zunächst einmal. Und bist trotzdem in den Tod gegangen. Du hattest Angst (Lk 22, 44 …). Das muss stimmen. Das erfindet man nicht, wenn man freundlich über jemanden schreiben will. Man wollte aus Dir keinen Helden machen. Nicht im üblichen Sinn. An Deiner Stelle wäre wohl auch meine Sucht nach Adrenalin weg gewesen. Aber vielleicht wäre mir peinlich, wenn es hieße: „hatte Angst“. Ich will Held sein. Ich will erster sein. Viele wollen das. Fast alle. Der erste oder weit vorne oder besser als andere. Das sind die Wettbewerbe und Kämpfe, die sich durch das ganze Leben ziehen. Du schafftest es, Dein Ego hintanzustellen. Mein Leib, der für euch hingegeben wird (Lk 22, 19). Daneben sind meine Autorennen unbedeutend. Auch andere Kämpfe und Wettbewerbe sind daneben unbedeutend. Deine Liebe bekommen wir auch ohne Kämpfe und Wettbewerbe. Für euch hingegeben, sagtest Du. Für mich dann wohl auch. Ich danke Dir. Amen.
Klaus Werger