Weibliche Ahnenreihe Jesu - Eine Anna Selbdritt?

Ikonen-Interpretationen-Weibliche Blutlinie Jesu (c) Vera Kliementyeva
Ikonen-Interpretationen-Weibliche Blutlinie Jesu
Datum:
Sa. 19. März 2022
Von:
Rita Schleweit

 

Geheimnisvoller Zauber strahlt aus diesem Bild. Aus dunkler Nacht leuchten uns vier goldene Gloriolen wie Sonnen entgegen. Die großen Sonnen zeigen in einer Abwärtsbewegung hin auf den kleinsten Strahlenglanz. Was hat es damit auf sich? 

Worauf möchte die Künstlerin hinweisen, die dem Bild den Titel „Blutlinie“ gegeben hat?                                                                                  

 

„Blutlinie“ – dieses Wort kennen wir unter der Bezeichnung „Stammbaum“. Auf wessen Blutlinie möchte die Künstlerin eingehen? Die kleinste Gloriole ist es wohl! Sie steht am Ende der Kette. Der Heiligenschein lenkt unsere Aufmerksamkeit auf diese kleine Persönlichkeit. Wie können wir mit unseren Überlegungen diesem Geheimnis auf die Spur kommen?                                                               

Wir wissen, dass eine russische Ikone die Künstlerin inspiriert hat. Und hier liegt auch die Erklärung. In unserer westlichen Kirche kennen wir diese Darstellung als „Anna Selbdritt“.

Der Name ist eine Alt-Deutsche Bezeichnung und meint in etwa „zu Dritt“. Eine der berühmtesten Darstellungen dieser Art stammt von Leonardo da Vinci. Gemeinsam ist ihnen die Darstellung von zwei Frauen und einem Kind:

Anna, die Mutter Mariens und Großmutter Jesu,                                                                             hält auf dem Schoß ihre Tochter Maria,                                                                                              und diese wiederum birgt ihren Sohn Jesus im Schoß. 

Ihr Kind, das sie vom heiigen Geist empfangen und das sie geboren hat. Jesus, der im Auftrag seines himmlischen Vaters vom Gottesreich kündet. Er wird die Welt verändern und erneuern durch sein großes Gebot der Liebe.                    

Schon der Prophet Jesaia kündigt ihn an mit den Worten: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären und man wird ihm den Namen Immanuel geben: „Gott ist mit uns.“                                                                                       

Maria, die ohne Erbsünde empfangene Frau und ihre Mutter Anna, stehen in der „Blutlinie“. Auf dem Bild der Künstlerin ist eine vierte Gloriole zu sehen.

Was mag sie bedeuten?  Jeder kann sich dazu seine eigenen Gedanken machen. Die Ikone, auf die sich das Werk Klimentyeva`s bezieht, lässt erkennen, dass Anna auf einem Thron oder Stuhl sitzt, der das Bild nach hinten abgrenzt. Hinter dieser Begrenzung steht die vierte, scheinbar wichtige und größte Person. Gemalt in den himmlischen Farben Gold und Blau. Gold ist dem Heiligsten vorbehalten. Wir sehen eine Frau mit einem Heiligenschein. – Möglicherweise ist es Eva, oder Emerentia, die Ur-Großmutter – Man kann sie aber auch als Bild des Heiligen Geistes sehen. In der hebräischen Sprache ist Ruach -  der Geist, der Windhauch – weiblich. Unsere evangelischen Schwestern sprechen in den Weltgebetstagsgottesdiensten von der heiligen Geistkraft als den mütterlichen Zügen Gottes. Ist das nicht ein interessanter Gedanke? Die beiden anderen Frauen in der Blutlinie tragen ebenfalls einen Heiligenschein – sind ebenso mit dem göttlichen Geist erfüllt. Und alles kristallisiert und fokussiert sich in dem einen Punkt, in einem Zentrum: Jesus Christus!               

Geheimnisvoll – wunderbar!