Zum Inhalt springen

Pfarrbriefartikel:Geistliches Wort

Fensterbild Heiliger Geist
Liebe Gemeindemitglieder, wenn Sie diesen Pfarrbrief in den Händen halten, steht das Pfingstfest vor der Tür (oder ist gerade vorbei, falls sie ihn später lesen). Das dritthöchste Fest im Kirchenjahr ist von den dreien sicher das unbekannteste. Berthold Brecht hat darüber einmal gedichtet: „Pfingsten ist in seiner Bedeutung am geringsten, während Ostern, Geburtstag, Weihnachten etwas einbrachten.“
Datum:
10. Mai 2023
Von:
Edith Krauss

Da nimmt er sicher aufs Korn, dass sich Feste durch damit verbundene Geschenke oder Bräuche tiefer einprägen, und beides hat Pfingsten nicht so ausgebildet. So ist es häufig eher ein schöner Anlass für Ferien oder einen frühsommerlichen Ausflug – was ja auch gut passen kann.

Dabei lohnt es sich sehr, dieses Fest zu feiern und zu bedenken. Spontan fallen mir dazu alle möglichen Rottöne ein, sowie ein Haus mit offenen Fenstern und Türen und der Wind, der wie von Geisterhand luftige Vorhänge bewegt. Wir denken an diesem Tag daran, wie die erste christliche Gemeinde (also nicht nur Maria und die Apostel) bei der Feier des jüdischen Wochenfestes Schavuot 50 Tage nach Ostern - nach Tagen der Einkehr und des Gebetes - von einem bewegenden Geist (ein Brausen, ein heftiger Sturm) ergriffen wurde. Wie diese Gruppe  die Angst vor der anders gläubigen Umgebung verlor und sich, Petrus voran, zu dem gekreuzigten Aufrührer Jesus bekannten mit der Botschaft: Er lebt! Gott hat ihn von den Toten auferweckt! Dafür sind wir Zeugen. Alle die ihm vertrauen, werden leben über den Tod hinaus.

Der verstorbene, evangelische Pfarrer Jörg Zink hat diese Erfahrung einmal so ausgedrückt: „Es war 50 Tage danach. Sie wussten es später nicht mehr anders zu deuten als so, dass sie erzählten: Ein Wind kam von Gott. Ein Feuer kam, und wir waren verwandelt. Wir wussten, dass Christus bei uns ist. Wir konnten reden. Wir wussten was wir zu tun hatten. Wir sahen plötzlich, wie der Weg, den wir mit Jesus gegangen waren, vor unseren eigenen Füßen weiterging: er führte geradlinig zu den Menschen. Und nichts war uns mehr wichtig, als diesen Weg mit Jesus zu den Menschen zu gehen. Wir waren „ein Leib“ mit ihm. Eine „Kirche.“

Pfingsten erinnert mich daran, dass bereits mit Beginn der Schöpfung ein schöpferischer Geist in der Welt weht, der sie belebt, weiterentwickelt, verändert. Dass dieser „Wind von Gott“ jeden Menschen immer wieder ergreifen und neu machen kann, neuen Schwung geben, mich herausreißen kann aus Gewohnheiten, Erstarrungen, aus Traurigkeit und Missmut. Dass er Angst überwinden und Gemeinschaft stiften kann - nicht umsonst erzählt der Pfingstbericht, dass alle am gleichen Ort waren und dass sie sich in vielen Sprachen verständlich machen konnten.

Dass dieser Geist Institutionen, auch unsere Kirche, verändern kann. Der so nie geahnte Fall der Berliner Mauer 1989 wird für mich immer ein solches Beispiel bleiben, auch wenn wir derzeit leider eine rückschrittliche Entwicklung in der Welt erleben.

Das geistliche Team unseres Pastoralraums lädt am 1. Juli zu einem Oasentag nach Saulheim ein, auch um miteinander eine Vision zu entwickeln: Wie wollen wir künftig in diesem  größeren Raum Rheinhessen-Mitte miteinander Kirche sein – ein Leib mit ihm? Und wie wollen wir mit anderen Christen und allen Menschen guten Willens in unserer Region die Spuren dieses Leben schaffenden Geistes entdecken? Wir wollen nicht nur einsparen und Gebäude schließen, wir brauchen eine hoffnungsgebende und inspirierende Vision, wo wir miteinander hin wollen. Wie unser Bischof sagt: was die Menschen in unserer Welt brauchen und was wir geben können.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen auch im Namen des ganzen Hauptamtlichenteams ein frohes Pfingstfest und auch danach immer wieder die Erfahrung dieses Leben spendenden Winds von Gott!

Pfarrer Bernhard Hock