Hallo, ich bin Claudia Fontana von der katholischen Kirche.
Das war s dann wohl mit 2023. Wir sind am letzten Tag angekommen und nur noch ein paar Stunden trennen uns vom neuen Jahr.
Bei meinen Schwiegereltern in Brasilien gibt es an Silvester immer einige Rituale und auch ein paar No-Goes. Zum Beispiel würde man am Silvesterabend niemals Geflügel essen. Der Grund: Hühner scharren nach hinten. Wenn man sie essen würde, dann wäre ein Rückschritt oder ein Rückschlag für das neue Jahr schon vorprogrammiert. Stattdessen isst man Linsen, weil sie so schön im Wasser aufgehen und groß werden. Die Idee dahinter: die Hoffnung selbst auch zu wachsen. Manche meinen dabei auch nicht nur das persönliche Wachstum, sondern auch das finanzielle.
Aber nicht nur beim Essen gibt es viele Traditionen, sondern auch bei der Kleidung. Man trägt gerne weiß an Silvester. Das soll Reinheit und Frieden bringen. Neben diesen, zum Teil ja wirklich sehr skurrilen, Ritualen, ist die Zeit, zwischen den Jahren aber für viele auch die Zeit der Vor- und Rückschau. Jeder Fernsehkanal, jede Zeitung bringt einen Jahresrückblick: Katastrophen, Tragödien, Skandale, Wahlsiege und sportliche Triumphe – all das lässt man nochmal Revue passieren.
Aber nicht nur diese offiziellen Rückblicke gehören zum Jahresende, viele schauen auch nochmal ganz persönlich auf ihr Jahr zurück. Früher habe ich in dieser Zeit gerne nochmal in meinem Tagebuch nachgelesen, was alles so war und meine Sternstunden, aber auch meine dunklen Erfahrungen in Erinnerung gerufen. Oder wenn wir mit Freunden gefeiert haben, gab es da schon mal für jeden drei Kärtchen mit einem Schatz, einem Stein und einem Pfeil drauf. In den Schatz hat man alles reingeschrieben, was für einen besonders wertvoll war im vergangen Jahr, auf den Pfeil kamen die Wünsche und Träume für das neue Jahr und der Stein wurde beschrieben mit allem, was schwer war. Manchmal haben wir das Kärtchen mit dem Stein dann sogar verbrannt.
Bei meinen Schwiegereltern in Brasilien gibt es neben den Essens- und Kleidungsritualen auch so etwas. Um viertel vor 12 ergreift meine Schwiegermutter das Wort zum Gebet. Alle Verwandten und Freunde sprechen nochmal laut aus, wofür sie dankbar sind im Rückblick auf das Jahr und teilen auch das, was schwer war und ist. Das ist immer sehr emotional, da fließen Tränen der Freude und der Trauer. Wenn sich dann um 12 alle in den Armen liegen, geht mir eine Liedzeile durch den Kopf. Die Worte stammen von Dietrich Bonhoeffer:
„Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr“
Diese Zuversicht und dieses Vertrauen wünsche ich uns allen für 2024!
Claudia Fontana, katholische Kirche für Antenne Mainz.