Die Frage, ob die „Mainzer Republik“ zur Entstehung der Demokratie in Deutschland beigetragen hat, wird geschichtswissenschaftlich differenziert betrachtet. Sie beziehen Stellung. Warum ist Ihnen das wichtig?
Wem die Zukunft unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung am Herzen liegt, der muss ihre Geschichte kennen. Demokratie heißt, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Das Volk gestaltet die politische und soziale Ordnung, ihm kommt es zu, seine Selbstbestimmung in Freiheit auszuüben. Dieser Grundsatz findet sich auch in der französischen Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers von 1789. In meinem neuen Buch „Freiheitsbaum und Galgen. Die Mainzer Republik 1792/93“ lege ich dar, dass es diese Selbstbestimmung in Freiheit in der „Mainzer Republik“ nicht gegeben hat. Die französische Politik zielte nicht nur auf die Errichtung der Republik, sondern auch auf den Anschluss der eroberten Gebiete an Frankreich. Der Revolutionshistoriker George Lefèbvre sagt, dass unter dem Schutz französischer Bajonette die Diktatur revolutionärer Minderheiten begründet wurde. Sieht so ein Beitrag zur Entstehung der Demokratie in Deutschland aus?
Was lernen Sie aus Ihren Recherchen für Ihr Demokratieverständnis?
Im Buch zitiere ich den französischen Schriftsteller Albert Camus: „Was immer wir tun, die Maßlosigkeit wird stets ihren Platz im Herzen des Menschen bewahren (…), doch unsere Aufgabe ist es nicht, sie in der Welt zu entfesseln, sondern sie in uns und in den anderen zu bekämpfen.“ Dieser Satz ist von großer Aktualität. Umso dringlicher ist es, die Stabilität des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats zu sichern. Es ist zu zeigen, dass die repräsentative Demokratie – wenn auch mit Schwächen – die beste aller existierenden Verfassungen ist.
Was sagen Sie zur Corona-Pandemie?
Wir erleben außergewöhnliche Schwierigkeiten. Es ist gut, dass der Bundestag die rechtlichen Grundlagen für die nötigen Freiheitsbeschränkungen geschaffen hat.