Die „Muttergottes Moltschenkskaja“

Ikonen-Interpretationen-Muttergottes Moltschenskaja (c) Vera Klimentyeva
Ikonen-Interpretationen-Muttergottes Moltschenskaja
Datum:
Do. 28. Apr. 2022
Von:
Gabriele Rüb und Marianne Niekisch

Die Ikoneninterpretation von Vera Klimentyeva zeigt auf ihrem goldenen Hintergrund zwei rote Kreise. Der große Kreis ragt über den oberen Rand hinaus. Der goldene Hintergrund und die tiefroten Kreise weisen in den Bereich der Göttlichkeit. 

Schauen wir näher auf die Ursprungsikone „Muttergottes Moltschenkskaja“, sehen wir die Muttergottes mit dem erwachsenen Jesus im Arm. 

Der Heiligenschein Marias durchbricht den oberen Bildrand: Für den Beter weitet sich der Blick, er blickt hinaus, vom real Wahrnehmbaren zum verborgen Himmlischen. 

Die Erweiterung des Horizontes deutet sich weiter an in der kleinen Leiter in Marias Hand – einem Hinweis auf die Himmelsleiter im Alten Testament, wo es im Buch Genesis heißt:

Er (Jakob) nahm einen von den Steinen dieses Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief dort ein. Da hatte er einen Traum: Siehe, eine Treppe stand auf der Erde, ihre Spitze reichte bis zum Himmel. Und siehe: Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Und siehe, der HERR stand vor ihm und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. … (Gen,28,11ff)

Die Leiter  eine Verbindung zwischen Himmel und Erde?

Jesus zeigt mit der rechten Hand auf seine Mutter und auf die Leiter. Will er andeuten: Maria kann uns Menschen bei dem „Aufstieg“ von der Erde zum Himmel helfen?

Er hält in  seiner linken Hand eine Papierrolle – ein Hinweis auf die Schriften des Alten und Neuen Testamentes? 

Vom Heiligenschein Jesu geht ein  Regenbogen aus und endet unten am Bildrand, auf der „Erde“. Im  Alten Testament finden wir im Buch Genesis einen Hinweise:

Und Gott  sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen: Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen mir und der Erde.(Gen,9,12ff).

Der Regenbogen ist also ein Bild für die von Gott zugesagte Verbindung zwischen Himmlischem und Irdischem.

Die Ausstellung steht unter dem Thema „Jenseits der Göttlichkeit“                                  

Wo haben wir als Menschen die Möglichkeit, über das real Wahrnehmbare hinaus das wahre Göttliche zu entdecken, wohl eher zu erfühlen?                                           

Die Ikonen von Vera Klimentyeva haben mich durch ihre minimalistische Reduzierung auf das Wesentlichste darauf verwiesen, dass manches real Wahrnehmbare uns den Blick auf das Wesentliche verstellt. Dieser Gedanke  erinnert mich an ein „Geheimnis“ des Kleinen Prinzen, das  Saint-Exupery uns in seinem Buch „Der Kleine Prinz“ verrät: … man sieht nur mit dem Herzen gut.  Das Wesentliche ist  für die Augen unsichtbar.

 

Die Ikone, die der Interpretation der Künstlerin zugrunde liegt, finden Sie u.a.