Petrus und Paulus im Gespräch

Liebe Gäste,

Petrus-und Paulus im Gespräch (c) CTS Worms
Petrus-und Paulus im Gespräch
Datum:
Mi. 6. Juli 2022
Von:
Heinz Thesen, Eva Egli und Matthias Kirsch

Sie stehen gerade dem Hochaltar des Wormser Domes näher, als Sie es vermutlich vorher je waren.

Und hier, an dieser Stelle sind Sie dem „Herzstück“ des Domes sehr nahe.

Dieser, in jeder katholischen Kirche, überaus wichtige Ort ist der Tabernakel, wo das Allerheiligste, die konsekrierten Hostien aufbewahrt werden. In diesen ist, so sagt es unser Glaube, Jesus Christus dauerhaft selbst zugegen. Und die Stifter und Erbauer dieses Hochaltares wollten diesem Allerheiligsten einen eindrucksvollen Rahmen geben – was offensichtlich gelungen ist!

Petrus und Paulus im Dialog

Paulus:

Da stehen wir mal wieder schön vereint nebeneinander und werden in einem Atemzug genannt.

Petrus:

Ja, und das, obwohl wir doch ziemlich unterschiedlich sind. Ich der einfache Fischer – Du der Theologe. Ich mit dem Blick auf unser jüdisches Erbe – und Du der Reisende zu den Völkern der Welt. Wir haben manchen Strauß miteinander ausgefochten.

Paulus:

Dafür habe ich ja das Schwert hier bei mir. Ich gehe keinem Konflikt so schnell aus dem Weg. Bei allem Streit haben wir aber die gemeinsame Basis und den Blick auf Jesus, den Herrn nie aus dem Auge verloren.

Petrus:

Ich dachte, mit dem Schwert hätte man Dir den Kopf abgeschlagen – Hast ja nie Ruhe gegeben.

Paulus:

Wenn es um Christus geht, kenne ich keine Ruhe und keine faulen Kompromisse. Der Hahn zu Deinen Füßen erinnert dich doch an deine dunkle Stunde. Da hatte dich wohl der Mut verlassen.

Petrus:

Fang nicht schon wieder damit an. Das war ich von mir selbst am meisten enttäuscht und habe mich dafür geschämt. Doch Jesus hat mir verziehen, und wenn er mir verzeiht, dann ist eine endgültige Vergebung.

Paulus:

Wohl wahr! Ich muss da ja ganz ruhig sein. Ich war ja selbst wie verblendet, bis mir der Herr die Augen geöffnet hat.

Petrus

So wie du da stehst. Deine ganze Haltung – wohin schaust Du gerade?

Paulus:

Ich blicke auf die Mitte dieses Altares. An der Stelle, an der jetzt Maria steht, war ursprünglich ein Kreuz oder die Monstranz. Ich habe Christus als den gekreuzigten, gestorbenen und meine Schuld tilgenden Heiland erfahren. Auf ihn richte ich meinen Blick.

Petrus

Ja, das war für mich sehr schwer. Ich habe Jesus schon zu seinem Lebzeiten geliebt. Er war mein Freund. Für ihn habe ich alles verlassen und meine Hoffnung auf ihn gesetzt. Die Vorstellung, dass er sterben – ja wie ein Verbrecher gedemütigt und elend hingerichtet wird – das war für mich unvorstellbar. Ich hatte lange wie Judas gehofft, dass er die Herrschaft Gottes in Israel aufrichten würde.

Paulus

Das ist doch bis heute den Leuten schwer verständlich zu machen: Die Herrschaft Gottes über Zeit und Raum hinweg als alles umfassende Macht – und doch verwirklicht sie sich nicht in der Welt wie die Macht des römischen Reiches. Da muss man erst mal hinkommen.

Wo wir gerade vom Reich Gottes reden: Hast Du da nicht die Schlüssel zum Himmelreich in der Hand?

Petrus

Ja, Jesus sagte einmal zu mir: „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein.“

Über dieses Wort kann man viel nachdenken. Was meinst Du als alter Theologe?

Paulus

Wenn ich recht informiert bin, hat Jesus dir dieses Wort mitgegeben, als Du erkannt und bekannt hat, dass dieser Jesus der Christus, der Gesalbte und Gesandte Gottes ist. Also, das Binden sehe ich so: Wo immer Du Menschen mit Christus in Verbindung bringst und sie an Christus bindest, dort erfahren sie das vollkommende Heil in Gott. Dort wird ihnen das Reich Gottes aufgeschlossen.

Das Lösen: Wo Menschen sich an Christus binden, werden sie herausgelöst aus den Zwängen und Ängsten der Welt. Sie werden befreit aus Vergänglichkeit und Sterblichkeit.

Petrus

Das ist wohl unser beider Aufgabe gewesen. Menschen aller Nationen und Völker mit Christus bekannt zu machen. Er umkleidet uns mit Gewändern des Heils und übergießt uns mit dem Glanz seiner Herrlichkeit. So stehen wir hier inmitten der Fülle Gottes und leben aus der Kraft und der Quelle des Lebens.

Paulus

Amen – so ist es.

Einige weiterführende Informationen

Man muss kein Kunsthistoriker sein, um die Kunst des Barock in diesem Hochaltar zu erkennen. Gestiftet und erbaut wurde dieser Altar von zwei Wormser Bischöfen, für die Worms nur ein „Zwischenstopp“ auf ihrer Karriereleiter war. Und beide Bischöfe wurden anschließend zu Kurfürsten, von Mainz und von Trier. Sie sehen das an den beiden „Kronen“ der Kurfürsten, den Kurhüten, die auch die Krone des Altares bilden.

Beide Bischöfe wollten sich damit hier auch ein Denkmal setzen, das ihre irdische Lebenszeit überdauert – der Tod war für die Menschen der Barockzeit stets präsent, und man hat sich diesem Thema auch gestellt!

Der Erbauer, Franz Georg von Schönborn, hat seine exzellenten familiären Beziehungen spielen lassen und einen der bekanntesten Planer der damaligen Zeit, Balthasar Neumann, mit der Konzeption dieses Altares beauftragt.

Wenn wir uns mit dem Bilderprogramm des Altares beschäftigen, fällt sehr schnell auf: Zentrum ist das Allerheiligste, der Tabernakel – alle ursprünglich im Altar vorhandenen Figuren beziehen sich auf dieses Zentrum.

Und – ist es Ihnen aufgefallen? Die Marienfigur scheint sich, allein auch schon von der Größe der Figur, in diesen Gesamteindruck nicht so ganz einzufügen. Sie wurde tatsächlich auch erst im 19. Jahrhundert an dieser Stelle aufgestellt.

Die wichtigsten Heiligenfiguren, man erkennt es auch an ihrer imposanten Größe, sind hier der Hl. Petrus und der Hl. Paulus.

Beide werden oft in einem Atemzug genannt, viele Kirchen haben das gemeinsame Patrozinium dieser beiden Heiligen. Hier in Worms ist der Hl. Petrus Patron des Domes geblieben, während der Hl. Paulus Patron der Pauluskirche ist. Und doch ist die geistliche Verbindung so groß, dass auch im Dom der Hl. Paulus hier seinen Platz gefunden hat.

Sie können die beiden Heiligen übrigens sehr gut an ihren Attributen erkennen: Paulus führt ein Schwert mit sich, während Petrus mit den Schlüsseln und dem Hahn dargestellt ist.

Wir wollen Ihnen nun die Positionen dieser beiden Heiligen in einem fiktiven Dialog näherbringen …