Mit dem Ensemble der von Marc Chagall gestalteten Glasfenster beherbergt die Stephanskirche in Mainz ein weltweit einmaliges Kunstwerk: Es handelt sich um die letzten Kirchenfenster, die Chagall geschaffen hat und um die einzigen Fenster dieses jüdischen Künstlers in Deutschland. Sie sind nicht nur ein bedeutendes Werk des Jahrhundertkünstlers Chagall, sondern sind über ihre kunstgeschichtliche Bedeutung hinaus ein einzigartiges Zeichen der jüdisch-christliche Verständigung und der Versöhnung nach dem letzten Weltkrieg.
Der Initiative privater Mäzene ist es zu verdanken, dass die Entwürfe (Maquetten) von Marc Chagall für die Querhausfenster der Mainzer Stephanskirche erworben werden konnten. Dirk Gemünden, Peter Ditsch, Stephan Schmitz und Peter E. Eckes übernahmen gemeinsam den Kaufpreis von rund 70.000 Euro. Die vier Spender handeln dabei im Rahmen ihres Engagements im Stiftungsrat der Stiftung „St. Stephan in Mainz", als dessen Vorsitzender und Sprecher Peter E. Eckes fungiert.
Die Originalmaquetten wurden im März 2015 dem Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums als Dauerleihgabe übergeben. In St. Stephan sind Faksimile-Drucke im Querhaus ausgestellt.
Im Mai 2015 wurden die Entwurfsskizzen Marc Chagalls für die Fenster von St. Stephan im Rahmen einer Auktion bei Sotheby´s in New York angeboten.
Sie stammen aus dem Nachlass des Künstlers und waren von einem der Chagall Erben zur Entlohnung seines Rechtsanwaltes eingesetzt worden, der sie nach einem Vierteljahrhundert auf diesem Weg auf den Kunstmarkt brachte. Während die Entwürfe für die sechs Fenster im Ostchor von St. Stephan für insgesamt rund 418.000 Dollar versteigert wurden, fand der Entwurf für die Querhausfenster zunächst keinen Käufer.
Als in der Folge der Versuch scheiterte, dieses auf 60.000 bis 80.000 Euro taxierte Werk für das Landesmuseum zu erwerben, schien die Chance endgültig vertan, wenigstens einen der Künstlerentwürfe für Mainz zu erhalten.
Durch entsprechende Presseberichte alarmiert, haben daraufhin die genannten Mitglieder des Stiftungsrates der „Stiftung St. Stephan in Mainz" die Initiative ergriffen und über das Auktionshaus Sotheby´s den Kontakt zum Verkäufer gesucht und das Bild erworben.
Mit der Übergabe an das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum wird sichergestellt, dass diese Kostbarkeit aus dem Nachlass von Marc Chagall dauerhaft der interessierten Öffentlichkeit zugänglich bleibt.
Die Entwürfe für die Querhausfenster von St. Stephan entstanden Ende November, Anfang Dezember 1982. Im 96. Lebensjahr stehend, skizzierte Marc Chagall seine Vorstellung , eine „Vorhalle aus Licht" zu schaffen, als Hinführung zum Panorama biblischer Botschaft , das sich in den Fenstern des Ostchores entfaltet und zugleich als harmonischen Abschluss des Ensembles der Fenster von St. Stephan.
Am 2. Januar 1983 konnte Monsignore Klaus Mayer, damals Pfarrer von St. Stephan, anlässlich eines Besuchs bei Marc Chagall und einer Begegnung mit dem Künstler diesen Entwurf zum ersten Mal sehen.
Der Entwurf sieht eine figurenlose Gestaltung der Fenster vor. Die Längsbahnen sind in zahllos abgestuften zarten Blautönen gehalten. In den Maßwerkkronen der Fenster entwickelt sich ein Kaleidoskop der Farben.
Es handelt sich um eine für die Werkstatt bestimmte Skizze. Dem Glasatelier Jacques Simon in Reims unter der Leitung von Charles Marq, dem langjährigen Weggefährten Chagalls, kam die Aufgabe zu, in ständigem Kontakt mit dem Künstler, den Entwurf in das Medium Glas zu übersetzen.
Gerade in ihrer Skizzenhaftigkeit liegt aber der besondere Wert der nun für Mainz erworbenen Entwürfe für die Querhausfenster von St. Stephan: Sie sind nicht nur für sich ein reizvolles Kunstwerk, sondern zugleich ein Dokument, das Einblick in die Entstehungsgeschichte des fertigen Werkes gibt.
Die Stiftung St. Stephan in Mainz wurde am 10.September 2012 als Treuhandstiftung unter dem Dach der Bonifatiusstiftung des Bistums Mainz gegründet. Als Gründungsstifter fungierten Stefan Schmitz, Peter E. Eckes, Peter Ditsch, Dirk Gemünden, die Mainzer Volksbank und die katholische Kirchengemeinde St. Stephan/Mainz. Als Vorsitzender des Stiftungsvorstandes konnte Herr Wolfgang Hempler, Leiter des Kompetenzzentrums Stiftungen bei der Deutschen Bank AG, gewonnen werden.
Das Anliegen der „Stiftung St. Stephan in Mainz" ist es, die Stephanskirche kommenden Generationen zu erhalten und das mit diesem Gotteshaus anvertraute Erbe zu pflegen, ist diese Kirche doch, nicht zuletzt durch die Fenster von Marc Chagall, ein Symbol für die Kraft der Versöhnung auf der Grundlage der biblischen Botschaft und der Ermutigung zum Dialog der Religionen.
Mit ihrer Initiative zum Kauf der Chagall Entwürfe verbinden die Mitglieder des Stiftungsrates die Hoffnung, auf das Anliegen der Stiftung aufmerksam zu machen und weitere Unterstützer zu gewinnen.