Statuen des Stephanus, Teil2

Über der Eingangstür des Pfarrhauses steht er wieder da, der Hl. Stephanus, als Kopie der Querhaus-Statue, in gelbem Sandstein vor weißer Wand, aber dem Himmel schon näher (vgl. Nr. 5 der Fotogalerie). Das schiefergedeckte Vordach geht in einen breiten Sockel über und kontrastiert farblich mit dem Nischenrahmen aus rötlichem Sandstein.

Ebenfalls in der Höhe ziert eine letzte steinerne Abbildung des Heiligen - wenig beachtet- das Barockportal des Kreuzgangs in der Stefansstraße (Foto Nr. 6). Fast heiter ist der Gesichtsausdruck, und wieder geht der Blick nach oben. Die charakteristischen Steine liegen auf dem waagrecht gehaltenen Buch, der Manipel baumelt vom Handgelenk. Zu beiden Seiten jubeln ihm dickbäuchige Putten zu, indem sie ihm metallene Palmenzweige darbringen. Der farbliche Kontrast zwischen den scheckigen Engelskörpern und dem reinen Weiß der Kleidung des Heiligen ist nicht symbolischer Natur, sondern der Witterung geschuldet; sie hat den Engelchen zugesetzt und den Martyrer unter dem Dachrand verschont.
Sein Sockel trägt die Inschrift: „Stephanus per charitatem proximi...." = Stephanus trat aus Liebe zum Nächsten für die Steinigenden ein..."
Auf dem Schluss-Stein des Portals liest man: „EXstrVCta noVa porta DIVo...."; auf Deutsch: „Die neue heilige Pforte, errichtet für den Heiligen Erzmartyrer und Patron St. Stephanus, erhob sich (im Jahre 1747)."
Man wundert sich über die seltsame Schreibweise, mal Groß-, mal Kleinbuchstaben in einem Wort! In diesem Chronogramm versteckte der Texter mit einem manieristischen Trick die Jahreszahl der Entstehung: Der Leser musste und muss alle Großbuchstaben (die im Lateinischen auch Zahlenwerte darstellen) zusammenzählen, um in der Summe das Jahr zu erkennen: 1747.
Die Skulptur entstand in der Bildhauerwerkstatt Hiernle, die in Mainz viele Denkmäler hinterlassen hat. Auftraggeber war oft der damalige Kurfürst Lothar Franz von Schönborn, ein Baubesessener, im Falle des Stephanus aber sicher das Stift.

Ein neuer moderner Stephanus in Sicht?

Viel jüngeren Datums ist ein Flachrelief auf der Tür des Kreuzgangportals der Kirche (Foto Nr. 7 fehlt). Eingerahmt von den beiden anderen Patronen, Willigis und Maria von Magdala, steht der Diakon, die Steine in beiden Händen, ein riesiger Nimbus um den Kopf. Das Holztor ist ein Geschenk der Mainzer Kaufleute und Handwerker 1957 zur Wiedernutzung der Kirche nach ihrer Instandsetzung.

Noch jünger ist eine letzte Darstellung, ebenfalls in Form des Flachreliefs: die Glockenzier des Wiesbadener Künstlers Eberhard Münch aus dem Jahr 2008 (Nr. 8). Die drei von der Firma Schott AG gestifteten neuen Glocken tragen die Namen und Abbildungen der Patrone. Auf wild bewegtem Hintergrund bricht Stephanus im Hagel rötlicher Steine zusammen, über seinem Kopf aber ein aufgerissener Himmel als Andeutung seiner Vision im Sterben.

Eine letzte qualitätvolle Skulptur des Stephanus sei erwähnt, die aber nicht mehr in der Kirche, sondern im Dom- und Diözesanmuseum aufbewahrt wird (Nr. 9). Die Steinigung des knieenden Heiligen ist in vollem Gange, zwei Männer mit abstoßenden Gesichtern verrichten ihr tödliches Handwerk; ein Alter rechts bringt weitere Steine herbei, ein Junger, links außen, zeigt auf die Mitte: Saulus, der spätere Paulus. Noch gut zu erkennen ist, dass die steinernen Kunstwerke früher oft bemalt waren, das hier beschriebene stammt wohl aus dem 12. Jahrhundert.

Ganz verschwunden sind drei Statuen, die über dem Haupteingang der Kirche gestanden haben müssen (Nr. 10). Mit großer Wahrscheinlichkeit waren es wieder die Schutzpatrone. Das Blendwerk der drei gotischen Fensterrahmen steht leer; in der mittleren Maßwerkkrone ist eine Art Taube zu erkennen, oder ist es die Gotteshand aus den Wolken? Wie lange wohl die drei verbliebenen Konsolen auf neue moderne Figuren warten müssen?