Unübersehbar stehen die vier seltenen Velumsäulen im Chor hinter dem Altar vor den Fenstern und geben Rätsel auf. Riesige Kerzenleuchter, denkt der Betrachter zunächst. Dass sie dazu dienten, schwere Vorhangstangen zu tragen, damit der Altar zeitweise von den Vorhängen verdeckt werden konnte, kommt nicht in den Sinn.
Ein anderes Objekt, das ebenfalls aus den ersten Jahren nach 1500 stammt, ist der große Kerzenleuchter, der die Osterkerze trägt. Mit seinen Wülsten und Kehlen erinnert er an Werke der Holzdrechslerei. Rund um die Traufschale verläuft in einem Schriftband der Name des Stifters: Gottschalk Eschenbrocker und das Entstehungsjahr 1512.
Leider stellte man den spätmittelalterlichen Leuchter im 19. Jahrhundert auf einen wuchtigen Dreifuß, den drei furchteinflößende identische Fabeltiere bilden, eine Mischung aus Drache, Greif und Basilisk. Zwischen den auf den Boden gesetzten vorderen Pranken (hintere hat es nicht) reißt das Monster seinen Löwinnenkopf auf und reckt die kräftigen Flügel in die Höhe, deren Ende jedoch von einem Blümchen verziert wird. Zirbelzapfen schmücken den Dreipass im Maßwerk des Fußes, das dem der Kirchenfenster nachempfunden ist.
Falls die Mischwesen Basilisken bedeuten sollen, symbolisieren sie in der christlichen Ikonographie den Teufel, die Sünde oder den Antichristen, oder auch Laster wie Wollust, Neid und Hochmut. Wenn der Leuchter die Osterkerze trug, dann hatte der Auferstandene alle diese Übel überwunden, seine Feinde besiegt. In dieser Deutung nehmen die Monster ganz unten ihren angemessenen Platz ein.
Nicht ganz angemessen jedoch gestaltete der "Gelbgießer" des 19. Jahrhunderts den Übergang vom Leuchter zum neuen Fuß; denn außer dem Stilbruch setzte er den vorgegebenen runden Fuß recht einfallslos auf einen rechteckigen Sockel, der den oberen Teil des neuen bildet.