Die alles überstrahlenden blauen Fenster, die golden leuchtenden Weintrauben des Hochtabernakels hinter dem Altar, der rote Teppich, die Säulen, die Bänke, das Personal: alles vertraute Ausstattungsgegenstände und Personen, die die Kirche prägen und unverwechselbar machen.
Nicht zu vergessen: unter den Chorfenster die beiden steinernen, farbig gefassten Gestalten, die Stephanus und Maria von Magdala darstellen. Sie gehören zu den drei Schutzpatronen, die die Kirche außer dem Hl. Willigis aufweist.
Die Verehrung des Stephanus muss um das Jahr 1000 groß gewesen sein.
Denn auch der Martinsdom in der Stadt ist dem Hl. Stephanus als zweitem Patron geweiht, was kaum jemand weiß. Willigis, der Erbauer des Doms und auch der ersten Kirche auf dem Stefansberg, hatte die Verehrung des Protomartyrers von seinem "Kollegen" und Freund, Bischof Dietrich I. von Reims, grenzüberschreitend übernommen. Die Stephanskirchen in der Mainzer Umgebung zeugen ebenso von Stephans Beliebtheit.
So ist es verständlich, dass kein anderer Heiliger in der Stephanskirche so oft zu sehen ist wie Stephanus. Aber wie oft und wo findet ihn der neugierige Besucher?
Gleich acht Darstellungen gibt es, und alle erinnern an seinen frühen Tod.
Wie in der Apostelgeschichte berichtet, war er ein von der Gemeinde gewählter Diakon, der seinen Glauben mit großer Überzeugungskraft verteidigte und dabei seine Widersacher so gegen sich aufbrachte, dass sie ihn zum Stadttor hinaus trieben und steinigten. Noch in seiner Todesstunde betete er für seine Verfolger und sah den Himmel offen.
Als lebensgroße Figur mit jugendlichem Gesicht (1) steht er links vom Wandtabernakel auf einer Konsole, in seiner Linken ein dickes Buch und auch die geraffte Seite seines roten Gewandes, in der erhobenen Rechten nichts. Nichts mehr, muss man vermuten, denn wahrscheinlich trug er dort ursprünglich eine Martyrerpalme.
Maria von Magdala bildet mit Hörnerhaube und Ölgefäß, den Deckel in der rechten Hand, das Gegenstück zu ihm. Beide Skulpturen entstanden um das Jahr 1500, als die Kirche in aller Welt ein Jubeljahr feierte.
Die zweite lebensgroße Darstellung des Schutzpatrons (2) findet man versteckt in der nördlichen Ecke des Querschiffs, am Ort der früheren Orgel. Den Kopf schräg nach oben gerichtet, mit barock wallenden Gewändern bekleidet streckt Stephanus seine Rechte nach vorn, als reiche er darin sein Leben an den Schöpfer zurück. In der Linken trägt er wieder ein dickes Buch und darauf seine wahren Erkennungszeichen: drei Steine. (In früheren Jahrhunderten bewahrte man in St. Stephan sogar „echte" Steine der Steinigung auf!)
Bei der dritten Statue (3) ist es ein einziger, aber großer Stein in der linken Hand, der ihn als den Erzmartyrer ausweist. Sie ist im Kreuzgang im Adalbert-Epitaph zu finden, wo Stephanus als vierter Heiliger in einer Reihe steht. Links vom Kreuz Maria von Magdala und Maria, rechts davon der Evangelist Johannes und eben Stephanus. In schlichtem Rock, aber mit auffälligem Manipel, einem um das linke Handgelenk getragenen Tuch und Rangabzeichen (Diakon), trägt er in der Rechten als Siegeszeichen die Palme der Martyrer.
Das Grabdenkmal wurde von den Brüdern Strohut im Jahr 1485 gestiftet, einige Jahre vor Abschluss des Baus des Kreuzgangs 1499.
Kurz vor dem Epitaph in einem Gewölbe-Schluss-Stein erkennt man ebenfalls den mit riesigem Heiligenschein geschmückten Heiligen (4); gerade fliegt ihm ein Stein auf den Kopf, aber die aus den Wolken ragende Hand Gottes zeigt ihm ewige Belohnung an.