Alle in einem Boot

Ehrenamtliche besuchen mit geflüchteten Menschen gemeinsam die Ausstellung Flucht 2.0 im Mainzer Dom- und Diözesanmuseum

Alle in einem Boot (c) Ökumenische Flüchtlingshilfe Mainz Oberstadt
Alle in einem Boot
Datum:
Mi. 20. Apr. 2016
Von:
Anette Schermuly
Es war ein Anblick mit hoher Symbolkraft, der sich während des gemeinsamen Besuchs von Flüchtlingen und Ehrenamtlichen aus der Gemeinschaftsunterkunft Elly-Beinhorn-Straße in der Ausstellung Flucht 2.0 im Dommuseum bot. Alle Teilnehmer saßen zusammen in dem in der Ausstellung aufgebauten Flüchtlingsboot und hörten sich gegenseitig ihre Fluchtgeschichten an. Ein einziges Sprachengewirr aus Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi, Paschto und Tigrinya, ein unvergesslicher gemeinsamer Moment trotz der so unterschiedlichen Herkünfte und Erlebnisse.

Khaled und Farhad, die beiden jungen Männer aus Syrien bzw. Afghanistan, deren Weg aus ihrer Heimat bis nach Deutschland in der Ausstellung so eindrucksvoll nachgezeichnet ist, erzählten von ihren teils dramatischen Erlebnissen auf der Flucht. Sie berichteten von den skrupellosen Schlepperbanden oder der menschenverachtenden Behandlung in ungarischen Gefängnissen. Die anderen Bootsinsassen, Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in der Elly-Beinhorn-Straße in der Oberstadt, wussten nur selbst zu genau, von was die beiden sprachen. Denn jeder von ihnen hat seine eigene Fluchtgeschichte. Sie sind vor wenigen Monaten aus Eritrea, Somalia, Syrien oder Afghanistan nach Deutschland geflüchtet und kennen das alltägliche Leid tausender Menschen auf ihrer Odyssee nach Europa. Das sind  die endlosen LKW-Transporte in der nordafrikanischen Wüste, für alle stehend und ohne Wasser, oder die desaströsen hygienischen Verhältnisse in den Zwischenstationen vor der Weiterfahrt. Unter diesen Bedingungen könne eine plötzliche Erkrankung für Menschen auf der Flucht das Todesurteil bedeuten, so die Flüchtlinge, die alle seit einigen Monaten in Mainz leben.

„Der heutige Besuch der Ausstellung und die Konfrontation mit den persönlichen Schicksalen der einzelnen Flüchtlinge haben mich sehr berührt“, sagte Michael Heusel-Weiss von der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt, Initiator des Ausstellungsbesuches. „Erst jetzt kann man abschätzen, was die Menschen auf ihrem Weg nach Deutschland ertragen und erleiden müssen. Und man kann ahnen, wie viele daran scheitern.“

Am Ende dieses eindrucksvollen Besuches mit einer hervorragend gestalteten Führung stand für alle Beteiligten die Erkenntnis, dass es ein großes Glück ist, die Fluchtroute unbeschadet bis Deutschland bewältigt zu haben. Es ist zu wünschen, dass noch viele Menschen Zeit für einen Besuch dieser Ausstellung finden und sich so einen unmittelbaren Einblick in die dort dokumentierten Fluchtgeschichten verschaffen. Denn ist nicht Interesse an ihrem Schicksal das Mindeste, was die Gesellschaft den geflüchteten Menschen schuldig ist?

Alle weiteren Informationen zur Ökumenischen Flüchtlingshilfe Mainz Oberstadt können auf der Website der Initiative unter www.oefo.net abgerufen werden. Die ÖFO ist per Mail (fluechtlingshilfe@oberstadtkirchen.de) und mobil unter der Telefonnummer 0157 504 342 37 erreichbar.

V.i.S.d.P.        Michael Heusel-Weiss, Ökumenischen Flüchtlingshilfe Oberstadt, AG 1, 55131 Mainz