Das Jesuskind in Trümmern

Das Jesuskind in Trümmern

25. Dez. 2023

Weihnachten ist anders dieses Jahr. Statt in einer schönen Futterkrippe liegt das Jesuskind zwischen Trümmern. Es sind Überreste zerbombter Häuser. Das Foto der Weihnachtskrippe aus der Evangelisch-Lutherischen Weihnachtskirche in Bethlehem hat Pfarrer Hans-Peter Weindorf lange beschäftigt, sagt er in seinem Radioimpuls für Antenne Mainz. Gott sucht sich für seine Menschwerdung kein bequemes Zuhause aus, damals nicht und heute nicht, sagt Pfarrer Weindorf. Er kommt dorthin, wo es niemand vermutet, wo niemand mit ihm rechnet. Er kommt zu den Menschen, die nichts mehr vom Leben zu erwarten haben.

„Kirche“ vom 25.12.2023 ANTENNE MAINZ

Guten Morgen, ich bin Hans-Peter Weindorf, Pfarrer aus Mainz.

Vor wenigen Tagen bekam ich ein Foto von der Weihnachtskrippe aus der Evangelisch-Lutherischen Weihnachtskirche in Bethlehem: Da liegt das kleine Jesuskind nicht in einer Futterkrippe - in einem Stall. Es liegt in einem Haufen Steine - zwischen Trümmern. Es sind die Steinreste von bombardierten, zerstörten Häusern.

Die Menschen, die sonst mit dem Herrichten des Weihnachtsbaumes und der Weihnachtskrippe beschäftigt sind, wollen mit dieser Darstellung an die vielen verschütteten Kinder im Gazastreifen erinnern. Ja, auch heute wird Jesus unter den Unterdrückten geboren, unter denen, die am schwächsten sind und leiden.

Bethlehem im südlichen Westjordanland, nahe bei Jerusalem ist für uns Christen - der Überlieferung nach - der Geburtsort von Jesus Christus. Die bekannte Geburtskirche zieht normalerweise gerade an den Weihnachtstagen Tausende von Touristen an. Doch in diesem Jahr überschattet der Gaza-Krieg das Weihnachtsfest, nicht nur im Heiligen Land.

Das blutige Massaker der Terrororganisation Hamas und die Vergeltungsschläge Israels liegen wie eine dunkel-schwarze Wolke über Israel und Palästina. „Bethlehem ist traurig dieses Jahr“, sagen viele.

Und in diese Situation hinein feiern die Christen im Heiligen Land und auch wir Weihnachten. Die Trümmer der zerstörten Häuser sind „der Stall von heute“. Gott sucht sich für seine Menschwerdung kein bequemes Zuhause aus, damals nicht und heute nicht. Er kommt dorthin, wo es niemand vermutet, wo niemand mit ihm rechnet. Er kommt zu den Menschen, die nichts mehr vom Leben zu erwarten haben.

Und das sind damals wie heute die Kleinen und Schwachen, die Ärmsten der Armen. Wer Gott finden will, muss hinaus an die Grenzen und Ränder unserer Welt und Gesellschaft, der muss sich einen Blick und sein Mit-Leid für Menschen in Not bewahren. So heißt es in einem Liedtext von Rudolf Otto Wiemer (1905-1998, Lyriker, Puppenspieler, Pädagoge):

Sage, wo ist Bethlehem? Wo die Krippe? Wo der Stall? Musst nur gehen, musst nur sehen - Bethlehem ist überall.

Sage, wo ist Bethlehem? Komm doch mit, ich zeig es Dir! Musst nur gehen, musst nur sehen - Bethlehem ist jetzt und hier.

Sage, wo ist Bethlehem? Liegt es tausend Jahre weit? Musst nur gehen, musst nur sehen - Bethlehem ist jederzeit.

Sage, wo ist Bethlehem? Wo die Krippe? Wo der Stall? Musst nur gehen, musst nur sehen - Bethlehem ist überall.


Ich wünsche Ihnen und allen, die zu Ihnen gehören, ein gesegnetes und vor allem friedvolles Weihnachtsfest! Bleiben Sie gesund und wohlbehütet!

Hans-Peter Weindorf, Katholische Kirche für Antenne Mainz.