In diesen Sommertagen packen Pater Volker Stollewerk und Pater Elmar Theisen
ihre Sachen. Die beiden Oblaten-Patres verlassen im Herbst den Binger
Rochusberg. Damit endet eine mehr als 100-jährige Ära. Ein Bericht der Kirchenzeitung "Glaube und Leben".
Allein 30 Quadratmeter Flur hat die erste Etage, schätzt Volker Stollewerk. „Solche riesigen Flure würde heute kein Mensch mehr anlegen“, findet der Oblatenpater. Für ihn und seinen Mitbruder Pater Elmar Theisen stehen rund 450 Quadratmeter Wohnfläche auf zwei Etagen zur Verfügung. „Im Keller gibt es eine große Küche.“ Diese Wohnverhältnisse „sind absolut unwirtschaftlich“, sagt Stollewerk. Als Ökonom der kleinen Klostergemeinschaft kennt er sich gut mit Zahlen aus und setzt noch eins drauf: „Wir verbrauchen mehr als 13 000 Liter Heizöl im Jahr.“ Stollewerk weist auch auf die aktuelle Energiekrise. „Zwar haben wir das Haus günstig von der Binger Basilika-Gemeinde gemietet, aber die Lebenshaltungs- und Nebenkosten schießen durch die Decke. Bei den aktuellen Preisen ist das Wahnsinn.“
„Ich würde noch zehn Jahre hierbleiben“
Dass das Oblatenkloster St. Rupert auf dem Binger Rochusberg aufgegeben wird, war bereits im vergangenen Herbst klar. Jetzt steht der Abschiedstermin fest. Zum 31. August soll das Kloster aufgelöst werden. Die beiden letzten Bewohner werden danach nach Hünfeld ins Bistum Fulda, in das dortige Mutterhaus der Oblaten in Deutschland, übersiedeln. Eine Verabschiedung hat Pater Stollewerk bereits hinter sich, und zwar aus der Pfarrei in Schwabenheim, wo er seit 2019 als Pfarrvikar tätig war. „Ich liebe diese Tätigkeit und die Menschen dort und würde noch zehn Jahre hierbleiben“, sagt Pater Stollewerk.
Doch angesichts der knappen Personalsituation, wie sie sich in den Orden vielerorts darstellt, sei es schlicht nicht vernünftig zu bleiben. „Schade. Ich gehe ungerne“, sagt der 68-Jährige. 2003 wurde Volker Stollewerk zum Priester geweiht, da war er 42 Jahre alt. Beruflich begann er als technischer Betriebsleiter im grafischen Gewerbe in Monschau, trat dann 1996 in den Orden der Oblaten ein – genauer gesagt in den Orden der „Oblaten
der Unbefleckten Jungfrau Maria“, lateinisch „Oblati Mariae Immaculatae“,
kurz: OMI. Er hatte damals eine neue Orientierung für sein Leben gesucht. Ein Jahr
nach seiner Priesterweihe wechselte er nach Zwickau. Durch einen schweren Unfall dort, er wurde von einem Auto erfasst, konnte er seitdem kaum in seinemBeruf arbeiten. „Meine Tätigkeit als Pfarrvikar in Schwabenheim ist sozusagen meine erste feste Stelle in der Seelsorge. Vorher hatten mich die Unfallfolgen für 14 Jahre quasi kaltgestellt.“ Umso
mehr schmerzt es ihn, jetzt diese Stelle zu verlassen. Pater Elmar Theisen ist seit zwei Jahren im Ruhestand. Der heute 85-Jährige war zwölf Jahre als Seelsorger in Schwabenheim tätig, sozusagen der Vorgänger von Pater Stollewerk dort. Von 2008 bis 2019 war Theisen zudem für Anfragen rund um die Rochuskapelle und die Rochuswallfahrt
zuständig. Nach dem Weggang von Pater Günther Kames, für ein knappes Jahr Theisens
Nachfolger, war nun eine Nachbesetzung durch einen Oblatenpater von Seiten der Verantwortlichen nicht mehr geplant.
Damit war sozusagen das Schicksal des Klosters St. Rupert besiegelt. „Hätte wieder ein Oblatenpater die Wallfahrtsseelsorge übernommen, hätten wir mit mehr Einnahmen durch Gehälter vielleicht noch bleiben können“, erläutert Pater Stollewerk die finanzielle
Situation. Auch Pater Elmar Theisen wird den Rochusberg mit viel Wehmut verlassen: „Ich stamme aus Koblenz und bin Rheinländer. Wenn ich nach Hünfeld in die Rhön gehe, werde ich den Rhein sehr vermissen.“
Im Hünfelder St. Bonifatiuskloster werden Pater Theisen und Pater Stollewerk Teil einer weitaus größeren Gemeinschaft sein. Dort leben circa 30 Mitbrüder. Für seinen Aufenthalt im neuen Domizil hofft Pater Stollewerk, in der Seelsorge aushelfen zu können, zum Beispiel Gottesdienste zu übernehmen oder als Urlaubsvertretung eingesetzt zu werden.
Hünfeld ist inzwischen Sitz der mitteleuropäischen Oblaten-Provinz, die Deutschland, Österreich und Tschechien umfasst. Die Aussichten, für das höhere Alter gut versorgt zu sein, stehen durch den Umzug gut, denn Pater Stollewerk weiß: „Das Hünfelder Mutterhaus hat auch eine eigene Pflegestation.“ Pater Elmar Theisen und Pater Voker Stollewerk werden am letzten Sonntag der Rochus-Wallfahrt, am 28. August, im Gottesdienst in der Rochuskapelle um 10 Uhr verabschiedet. Pater Stollewerk freut sich, dass Bischof Peter Kohlgraf den Gottesdienst mitfeiert. „Das ist eine Anerkennung für mehr als 100 Jahre Oblaten auf dem Rochusberg“, findet der Ordensmann.
Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der Ausgabe von Glaube und Leben vom 14. August 2022. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de