Der Ukraine-Krieg wirkt sich auch auf die Telefonseelsorge aus. Circa 15 Prozent der Anrufenden äußern sich dazu, sagt Ralf Scholl, Geschäftsführer und fachlicher Leiter der Telefonseelsorge Darmstadt.
Was genau beschäftigt die Menschen?
Im März hatten wir bisher insgesamt 660 Anrufe, 100 davon zum Ukraine-Krieg. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum Menschen sich Sorgen machen. Menschen rufen an, die selbst bereits Krieg erlebt haben, etwa ältere Menschen. Sie werden durch die Ereignisse zum Teil retraumatisiert. Aber auch Jüngere, die Kriegserfahrungen von Eltern oder Großeltern erzählt bekommen haben, sind sehr besorgt. Vor allem Menschen, die nicht ganz fest im Leben stehen, entwickeln diffuse Ängste, sind verunsichert darüber, was auf sie zukommen könnte. Manche bekommen Panikattacken, tätigen Hamsterkäufe. Im Unterschied zum Krieg in Syrien wirkt der Ukraine-Krieg viel konkreter, die Ukraine ist nur zwei Flugstunden entfernt.
Geht es eher um Sorgen um einen selbst oder um Empathie mit den Menschen in der Ukraine?
Es ist beides: die konkrete Angst, selbst vom Krieg betroffen zu werden, ebenso die Erfahrung der Ohnmacht, gegen das menschliche Leid wenig ausrichten zu können. Genauso rufen aber auch Menschen an, die akute Fragen haben, zum Beispiel, wenn sie Geflüchtete aufgenommen haben.
Was sagen Sie den Anrufenden? Wie können diese mit ihren Sorgen am besten umgehen?
Es geht uns erst einmal darum, die Sorgen und Nöte der Anrufenden ernst zu nehmen, die Ängste aber zugleich ein Stück weit zu relativieren und die Menschen in die Realität zu stellen, etwa zu fragen: Wie geht es Ihnen jetzt ganz konkret? Ihnen zu vermitteln, dass sie sich mit anderen verbinden, ihre Sorgen teilen und auch an Gott abgeben können. Dabei helfen Friedensgebete und Hilfsaktionen. Manchmal raten wir aber auch, den einzuschränken.
Was macht das alles mit den Telefonseelsorgerinnen und -seelsorgern?
Für uns ist diese Situation eine doppelte Anforderung, denn wir erleben die Weltlage ja genauso wie die Anrufenden, ähnlich wie beim Thema Corona.
Anruf: Anja Weiffen
Telefonseelsorge 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222. Der Anruf ist kostenfrei.
Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 27.März 2022. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de