Das Leiden Jesu begreifen

Inklusiver kreuzweg (c) Glaube und Leben/ Martin Huber
Inklusiver kreuzweg
Datum:
7. März 2024
Von:
Gertrud Wellner

Im Jahresplan der Behindertenseelsorge im Bistum Mainz findet sich in der Karwoche ein neues Angebot: Ein inklusiver Kreuzweg. Außerdem startet im März ein „Gottesdienst für alle“, der in den verschiedenen Regionen gefeiert wird.

Eine Dornenkrone zum Anfassen wird allen in die Hand gegeben (c) Martin Huber
Eine Dornenkrone zum Anfassen wird allen in die Hand gegeben

Es wird ein besonderer Kreuzweg sein, durch den Diakon Martin Huber am Karfreitag führen wird. Er ist im Referat Seelsorge für Menschen mit Behinderung im Bistum Mainz für die Region Südhessen im Einsatz. Am 29. März findet in Bensheim-Fehlheim ein inklusiver Kreuzweg statt – also ein Kreuzweg, der sich an alle Menschen richtet. An Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. In den Leitlinien der Behindertenseelsorge ist zu lesen: „In seiner Vision ‚Mehr Leben wagen‘ zum Pastoralen Weg formuliert das Bistum Mainz als erste Aussage: Wir teilen die Vielfalt des Lebens. Hier wollen wir uns in unserer Arbeit anschließen. In einer inklusiven Pastoral teilen wir die Vielfalt der Menschen, die mit und unter uns leben. Wir wagen Leben gemeinsam.“
Und das gilt ganz konkret beim Kreuzweg am Karfreitag: Das Leiden Jesu wird gemeinsam gewagt. Da die Kirche in Bensheim-Fehlheim nicht barrierefrei ist, trifft man sich im Pfarr-heim. Und wie bei allen Angeboten, die neu sind, ist Martin Huber auf die Resonanz gespannt. Im letzten Herbst gab es bereits einen Begegnungstag für Menschen mit Behinderungen, da kamen gut 50 Personen mit ihren Angehörigen, erinnert er sich. Allerdings war das ein halber Tag, beim Kreuzweg handelt es sich um ein wesentlich kürzeres Angebot. 

Symbole helfen, die Inhalte zu transportieren

Gemeinsam wird das Leiden und Sterben Jesu durchlebt – oder in diesem Falle besser: Es wird ertastet und im wörtlichen Sinne begriffen. Mit Gegenständen und Symbolen werden die Teilnehmenden durch den Kreuzweg geführt. So kommt etwa eine Dornenkrone zum Einsatz. Nägel stehen für die Kreuzigung. An der Station Gründonnerstag plant Martin Huber einen Gar-ten mit Bäumen entstehen zu lassen; der Tag wird sich verdunkeln, indem ein Tuch über die Szene gelegt wird. Das haptische Element ist für ihn neben kurzen Texten in leichter Sprache ein guter Weg, die Botschaft der Karwoche zu vermitteln. Doch der Diakon ist sich durchaus bewusst, dass er diese Gruppe nicht mit dem Sterben Jesu allein lassen kann: Und so wird die Osterkerze am Ende dieses Kreuzwegs die Auferstehung, die Hoffnung, das Heil der Welt für alle sichtbar machen.

Leichte Sprache und eingängige Lieder

Neben den Texten in leichter Sprache gibt es auch das Leichte Gotteslob „Gemeinsam bunt“ (LeiGoLo). Denn eingängige Lieder mit einfachen Melodien sind ebenso hilfreich und werden zum Beispiel beim „Gottesdienst für alle“ eingesetzt. Diese Wortgottesfeiern finden abwechselnd in den verschiedenen Regionen des Bistums – Südhessen, Rheinhessen, Mainlinie, Oberhessen – statt. Der erste „Gottesdienst für alle“ ist am 13. März ebenfalls ins Bensheim-Fehlheim, gefolgt vom 28. April in Alsfeld, Oberhessen.
Martin Huber ist es bei seinen Angeboten wichtig, auf den einzelnen Menschen einzugehen – und ihn je nach Beeinträchtigung mit einzubeziehen. Er beschließt diese Gottesdienste stets mit einem persönlichen Segen und fühlt dabei, dass dieser ankommt. Und so wird er auch die Teilnehmenden am Karfreitag segnen.

Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 10. März 2024.  Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf – 06131 253-451 oder E-Mail: RedaktionFML@bistumspresse.de

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Auszug aus den Leitlinien der  Behindertenseelsorge im Bistum Mainz

In unserer pluralen Gesellschaft leben Menschen jeden Alters, unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Geschlechts und mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Menschen können Beeinträchtigungen haben, die sie in ihrem Alltag beeinflussen. Das können Beeinträchtigungen der Sinne sein (hören, sehen, sprechen), körperliche Beeinträchtigungen, geistige Beeinträchtigungen (kognitiv, Lernschwierigkeiten) oder psychische Erkrankungen.

Alle Menschen haben die gleichen Rechte an Teilhabe und Teilgabe in unserer Gesellschaft. Das nennen wir Inklusion. Inklusion ist ein Menschen-recht. Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen wurde 2009 von Deutschland ratifiziert. Verschiedene Gesetze stärken die Rechte von Menschen mit Behinderung (unter anderem Bundesteilhabegesetz, Gesetz auf Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung).

Menschen mit Behinderung sollen selbstbestimmt leben und arbeiten. Sie haben das Recht, uneingeschränkt an der Gesellschaft teilzunehmen, und sie sind anderen Menschen gleichgestellt.

Diesem Auftrag sieht sich das Bistum Mainz verpflichtet. Behindertenseelsorge ist fester Bestandteil von Pastoral und Seelsorge im Bistum Mainz. Seelsorge betrifft immer den ganzen Menschen mit Leib und Seele.
In einer inklusiven Pastoral setzen wir uns dafür ein, dass Menschen  mit Behinderung an den Grundvollzügen der Kirche (Dienst am Nächsten, Gottesdienste gemeinsam feiern, Glauben an alle weitergeben, Glauben in Gemeinschaft leben) teilhaben. Hierfür sind wir, das Referat Seelsorge für Menschen mit Behinderung, Anwalt.

Teilhabe verstehen wir nicht nur als passive Teilnahme, sondern auch als aktives Mittun. Alle Menschen dürfen nach ihren Fähigkeiten am Reich Gottes mitarbeiten.“