Die Feier von Tod und Auferstehung Jesu steht in den nächsten Tagen bevor.Angesichts Polarisierungen in der Kirche fragt sich Bischof Peter Kohlgraf im„Wort des Bischofs“, wie Menschen ein Zugang zu Christus ermöglicht wird.
Für viele Gläubige waren die letzten Wochen im Bistum Mainz und in der katholischen Kirche in Deutschland eine Herausforderung, auch eine Anfrage an ihr Verhältnis zur Kirche und an ihren persönlichen Glauben. Die Studie zu sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt im Bistum Mainz, die Anfang März veröffentlicht wurde, hat uns beschäftigt und wird uns weiter beschäftigen. Mit der 5. Vollversammlung in Frankfurt vom 9. bis 11. März fand der Synodale Weg der Kirche in Deutschland seinen Abschluss. Unterschiedliche Bewertungen dazu sind im Raum, von gedämpfter Zufriedenheit bis hin zu weiterer unversöhnlicher Polarisierung. Bei mir melden sich Menschen mit Forderungen, die zeitnah umgesetzt werden sollen; andere tun ihre Meinung kund, dass sie nicht mehr mitkommen mit den unterschiedlichen Erwartungen, die sie nicht mittragen können oder wollen. Jeder und jede beruft sich dabei auf den eigenen Zugang zum Evangelium, das eigene Verständnis kirchlicher Lehre oder des kirchlichen Auftrags. Derartige Kontroversen sind nun nicht neu, wohl aber die Geschwindigkeit, und die Aggressivität eigener medialer Positionierung. Der Einheitsdienst bringt mich als Bischof oft an Grenzen, zumal der Hirtendienst nicht darin bestehen kann, nur festgezurrte Meinungen zu bestätigen. Weder kann jede vatikanische Äußerung Unfehlbarkeit beanspruchen, noch ist jede Kritik an lehramtlichen Äußerungen erleuchtet. Der Synodale Weg hat gezeigt: Ein neues Miteinander ist möglich, wir sind aber noch keineswegs „synodal“, solange wir nur in gegnerischen Positionen denken und argumentieren. Solange hier „die Bischöfe“, dort „die Anderen“, hier die „Konservativen“, dort die „Progressiven“, hier die selbsternannten „Rechtgläubigen“ und dort die „Abtrünnigen“ gegeneinanderstehen, sind wir vielleicht noch nicht einmal einen ersten Schritt der vom Papst gewollten Synodalität gegangen. Ich musste in den vergangenen Tagen viel über die vom Zweiten Vatikanischen Konzil benannte „Hierarchie der Wahrheiten“ nachdenken, die das Ökumenismusdekret (Unitatis Redintegratio 11) beschreibt. Oft spielen sich Themen in den Vordergrund, die sicher nicht im Zentrum der apostolischen Lehre stehen. Wir gehen in diesen Tagen auf das zentrale christliche Fest zu, auf die Feier von Tod und Auferstehung Jesu. Er ist unser Erlöser und Heiland, er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er ist der Kern unseres Glaubens. Wie wir Menschen einen Zugang zu ihm ermöglichen oder aber – im schlimmsten Fall – verbauen, treibt mich als Bischof um. Ich bin davon überzeugt, dass Christus am Kreuz die Arme geöffnet hat, um alle an sich zu ziehen. So formuliert es das Johannesevangelium (12,32). Ich hoffe, wir finden einen Weg, der weder Beliebigkeit noch lieblose Härte vertritt. Wir feiern jetzt den Kern unseres Glaubens, Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Möge er die erhitzten Debatten, die nicht selten von eigener theologischer Enge gezeichnet sind, zur Einmütigkeit zusammenführen und den Blick für das Wesentliche der apostolischen Botschaft öffnen. Wir verkünden Christus, den Gekreuzigten, der alle Menschen retten will. Er ist der Richter der Menschen, nicht wir richten über andere. Wir sollten uns nicht anmaßen, Christi Dienst zu übernehmen. Ihnen wünsche ich ein gesegnetes Osterfest.
Ihr Bischof Peter Kohlgraf
Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 1. April 2023. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de