Eine Tombola gehört dazu

Datum:
Mi. 22. Dez. 2021
Von:
Theresa Breinlich/ Kirchenzeitung

Es ist ihr erstes Weihnachten in ihrem neuen Konvent im rheinhessischen Zornheim: Vier indische Ordensfrauen erzählen, was sie an den Feiertagen vorhaben, wie das Fest in ihrer Heimat gefeiert wird und was sie vermissen.

Wenn sie von Weihnachten erzählen, strahlen die vier indischen Ordensschwestern echte Freude aus. Sie sprechen über das Fest, wie sie es von ihrem Zuhause in Südindien kennen. Zu Beginn der Adventszeit hängen die christlichen Familien dort einen Stern ins Fenster. Und, hier fast unvorstellbar, der Dezember ist eine Fastenzeit. Plätzchen, Punsch und Schoko-Adventskalender gibt es nicht. Stattdessen wird verzichtet, auf Fleisch oder Süßes. 

Tannendeko mit Kerzen auf dem Tisch

Seit August leben die vier Frauen aus Kerala, die dem italienischen Sozialorden „Sisters of the Poor of St. Catherine of Siena“ angehören, in einem ehemaligen Wohnhaus neben der Kirche in Zornheim: Schwester Shiney Kottakkal Devassy, Schwester Merlin Joseph, Schwester Princy Jose und Schwester Rani Louis. Im April zogen hier bereits die Schwestern Shiney und Rani ein. Sie haben es sich seither gemütlich eingerichtet. Weihnachtsmannmotive hängen in den Fenstern. Ihr Konvent im Emsland, in dem sie mehr als zehn Jahre gelebt hatten, war aufgelöst worden. Eine Ordensfrau wartet in Indien noch auf ihr Visum. 

Schwester Shiney – die Oberin im Zornheimer Konvent – hat als Bundesfreiwillige im Dezember ihren Dienst in der Pfarrei St. Franziskus Zornheim, Sörgenloch, Nieder-Olm angefangen. Die anderen drei arbeiten als Alten- oder Krankenpflegerinnen. In einem Wohnzimmer sitzen sie nun auf dem Sofa, Tannendeko mit Kerzen auf dem Tisch, und erzählen von den Festtagen auf den zwei Kontinenten. 

Im Emsland haben es die Ordensschwestern vor der Pandemie genossen, zu Adventsfeiern eingeladen zu werden, Familien, Kinder und Nachbarn zu treffen. Diese fröhliche Seite des Advents, die geschmückten Häuser und das Beisammensein, gefällt ihnen gut und das vermissen sie jetzt sehr in der Zeit der Beschränkungen. „Die Stimmung in der Vorweihnachtszeit hat sich sehr gewandelt“, beobachtet Schwester Shiney. Andererseits fehlt ihnen in Deutschland die Spiritualität, die die Adventszeit in den christlichen Familien in Indien prägt. „Bei uns ist Advent die Zeit der inneren Vorbereitung auf Weihnachten. Kuchen und Süßes gibt es erst an Heiligabend. Die Kinder beten mit ihren Eltern jeden Tag ein Ave Maria oder ein Vaterunser oder hören einen Abschnitt aus der Bibel. Das ist ihr Adventskalender. „Ich bin oft erstaunt, wie viele junge Menschen hier nicht genau wissen, was wir an Weihnachten feiern“, meint Schwester Princy. 

Nach der Fastenzeit lassen es die Christen in Indien mit einem Feuerwerk krachen. Zum Fest gehört die heilige Messe genauso wie süße Kuchen, die dem Christstollen ähneln. Nach dem Besuch des Gottesdienstes legen die Familien das Jesuskind in die Krippe. Sie besuchen Nachbarn, präsentieren auf der Straße Krippenspiele, singen Weihnachtslieder und lesen Stellen aus der Weihnachtsgeschichte vor. In Südindien beteiligen sich die Hindus an den Feierlichkeiten, genauso wie die Christen an den Festen der Hindus. In Nordindien sei die Situation schwieriger, berichten die Ordensfrauen. Dort könnten Christen in ihren Häusern, aber nicht auf der Straße feiern. 

Wichteln ist auch in ihrer Heimat beliebt. Die Schwestern mögen dieses weihnachtliche Überraschungsspiel und hatten zu Beginn der Adventszeit den Namen einer Mitschwester gelost. Jede von ihnen hat nun einen geheimen guten Geist, der für sie betet, versucht, im Verborgenen zu helfen, und kleine Geschenke vor die Tür stellt. Am ersten Weihnachtstag wird das Geheimnis gelüftet. Nach vielen Jahren der Ordenszugehörigkeit haben sich die vier Frauen an das Fest im Konvent gewöhnt und vermissen ihre Familien nicht. Die Möglichkeit der Videoanrufe wissen sie aber sehr zu schätzen. In diesem Jahr muss eine Schwester in Zornheim an den Feiertagen arbeiten. Das bedauern sie. In Indien dagegen haben die Christen an Weihnachten meist frei, da es dort viele Hindus gibt, die die Arbeit an den christlichen Feiertagen übernehmen. Die vier Ordensfrauen erwarten nun gespannt die heilige Messe, nach der sie wie in Indien, das Jesuskind in die Krippe legen. Es wird ein gemeinsames festliches Essen geben und eine kleine Tombola. Diese ist in größeren Konventen in ihrem Orden üblich, und mache viel Spaß, sind sie sich einig. Daher haben auch sie eine Verlosung in ihrer kleinen Gemeinschaft organisiert. 

Was könnten die Familien hier von den indischen Familien lernen? „Sie könnten gemeinsam überlegen, was Weihnachten bedeutet? Und die innerliche Freude entdecken“, schlägt Schwester Princy vor. „Spontan fällt mir ein, als Gute-Nacht-Geschichte im Advent Kapitel aus der Bibel vorzulesen.“

Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 26. Dezember2021. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de

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