„Gender“ – „von vielen nicht verstanden“

Aus Glaube und Leben "Moment Mal"

Dr. Sonja Angelika Strube (c) privat
Dr. Sonja Angelika Strube
Datum:
6. Jan. 2021
Von:
Anja Weiffen/ Kirchenzeitung

In diesem Wintersemester richtet die Katholische Hochschule (KH) Mainz die Klara Marie Faßbinder Gastprofessur für Frauen- und Geschlechterforschung des Landes Rheinland-Pfalz aus. Gastprofessorin ist Dr. Sonja Angelika Strube.

Sie forschen zu religiösem Fundamentalismus und rechtsextremen Tendenzen im christlichn Milieu. Welche Rolle spielen dabei die Frauen?
Frauen sind in diesem Milieu ebenso vertreten wie Männer. Da ich aber keine quantitativ-repräsentativen Befragungen durchführe, sondern Internetseiten und die User-Diskussionen in deren Kommentarspalten untersuche, kann ich keine Prozentangabe zum Verhältnis von Frauen und Männern machen. In den Diskussionen mancher Websites dominieren allerdings männliche Pseudonyme, bisweilen geht auch aus Inhalten hervor, ob sich hinter einem Pseudonym ein Mann oder eine Frau verbirgt. Beim Anti-Feminismus und Anti-Gender-Aktivismus sind allerdings einige Frauen die bekanntesten Wortführer*innen, vermutlich weil es heute sogar in sehr konservativen Milieus merkwürdig wirken würde, wenn alte Männer Frauen vorschreiben wollten, wie sie zu leben haben.
Apropos Anti-Gender. Auch dazu forschen Sie. Warum ist „Gender“ bei manchen Katholiken ein Reizwort?
Im Wesentlichen, weil es von vielen Menschen nicht verstanden wird, und sie dann leicht auf gezielte Verleumdungskampagnen, etwa rechter Kreise, hereinfallen. Dort wird gezielt der Eindruck vermittelt, es ginge im Kontext von Genderforschung und Gender Mainstreaming nicht um Geschlechtergerechtigkeit und rechtliche Gleichstellung – was de facto der Fall ist – , sondern um eine „Ideologie“, die von weltweit vernetzten konspirativen Kreisen verbreitet würde. Verschwörungsmythen, die letztlich sogar auf das alte antisemitische Motiv einer „jüdischen Weltverschwörung“ zurückgreifen, spielen hier eine Rolle. Leider sprechen auch manche kirchlichen Texte bis heute von einer „Gender-Ideologie“, was ich persönlich sehr problematisch finde.
Welche Schwerpunkte setzen Sie an der KH?
Die öffentliche Antrittsvorlesung zum Thema „Feministische Theologie als psychologisch geerdete Totalitarismuskritik“ fand digital statt. Für die Studierenden habe ich Workshops zur Problematik des „Anti-Gender-Aktivismus“ durchgeführt und eine Lehrveranstaltung zu feministischer Befreiungstheologie.
Fragen: Anja Weiffen


Die Vorlesung auf Video: www.kh-mz.de/aktuelles/klara-marie-fassbinder-gastprofessur/veranstaltungen-gastprofessur

Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 10. Januar 2021. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de