Heilsam-mit Osteraugen sehen …

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Datum:
10. Apr. 2025
Von:
Norbert Nichell

Lassen wir uns in diesen Tagen von Gott neu mit Osteraugen beschenken, die das Leben in diesem Licht sehen können: Aus der Nacht in den Tag, aus dem Dunkel ins Licht, aus dem Tod ins Leben.. Text von Pastoralreferent Norbert Nichell  zu Ostern im Magazin Glaube und Leben.

Mit Osteraugen sehen …

In diesen Tagen dürfen wir sehen und spüren, wie die Natur aufs Neue aufbricht: „Die linden Lüfte sind erwacht, sie säuseln und weben Tag und Nacht, sie schaffen an allen Enden. O frischer Duft, o neuer Klang! Nun, armes Herze, sei nicht bang! Nun muss sich alles, alles wenden. Die Welt wird schöner mit jedem Tag, man weiß nicht, was noch werden mag, das Blühen will nicht enden. Es blüht das fernste, tiefste Tal: Nun, armes Herz, vergiss der Qual! Nun muss sich alles, alles wenden“, so beschreibt es Ludwig Uhland (1787–1862), deutscher Dichter, Jurist und Politiker.

Die Kar- und Ostertage zeigen uns am Leben Jesu auf, wie sich das Leben in kürzester Zeit mehrfach wenden kann: Vom Jubel der Menge beim Einzug in Jerusalem, als langersehnter und gefeierter Messias, über seine Erfahrungen der Einsamkeit und Todesangst vor seiner Festnahme, über die unerträglichen Qualen und Schmerzen der Folter und Kreuzigung, durch den Tod hindurch, in die Wende aus dem „fernsten, tiefen Tal“ – den Neubeginn des Lebens in Fülle, der sich „Auf-Erstehung“ nennt. Eine Erfahrung, die auch wir Menschen in Situationen unseres Lebens leider allzu gut kennen und durchschreiten müssen: Die unerwartete Diagnose, das plötzliche Ereignis, die das bisherige Leben auf den Kopf stellen und nichts mehr erscheinen lassen, wie es gerade noch war. Die Ohnmacht, der wir uns ausgeliefert sehen, die Sorge, ob es einen Ausweg gibt.

Hoffnung, dass sich das Blatt wendet, dass der eigene Weg in die richtige Richtung führt. „Hoffnung ist gefährlich“, sagte mir die Mutter eines Jugendlichen auf unserer Kinderintensivstation, nachdem sie sich von ihrem Sohn verabschiedet hatte. Sie erlebte den Tod als Erlösung aus einer unerträglichen Lebensqualität. So unendlich schmerzlich und tieftraurig diese Erfahrung geblieben ist, hat sie zu einer Wende, einem Durchgang in ein anderes Leben geführt. So sagt es uns unsere christliche Osterbotschaft.

Lassen wir uns in diesen Tagen von Gott neu mit Osteraugen beschenken, die das Leben in diesem Licht sehen können: Aus der Nacht in den Tag, aus dem Dunkel ins Licht, aus dem Tod ins Leben, wie es der frühere Aachener Bischof Klaus Hemmerle einmal beschrieben hat: „Ich wünsche uns Osteraugen, die im Tod bis zum Leben, in der Schuld bis zur Vergebung, in der Trennung bis zur Einheit, in den Wunden bis zur Herrlichkeit, im Menschen bis zu Gott, in Gott bis zum Menschen, im Ich bis zum Du zu sehen vermögen.“

Zur Person

Norbert Nichell, Pastoralreferent Katholische Seelsorge in der Universitätsmedizin Mainz.

Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 13. April 2025.  Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf – 06131 253-451 oder E-Mail: RedaktionFML@bistumspresse.de

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