Interview mit Oleg Panferov, Professor für Klimawandel und Klimaschutz an der Technischen Hochschule (TH) Bingen, anlässlich der Verleihung des Umweltpreises durch das Bistums Mainz an diesem Wochenende. Das Interview erscheint auch in der nächsten Ausgabe des Magazins "Glaube und Leben".
Beim Umweltpreis des Bistums Mainz 2024 stand Klimafolgenanpassung im Fokus. Wie wichtig ist das Thema?
Sehr wichtig! Klimaanpassung ist ein zweiter, wichtiger Teil neben dem Klimaschutz. Die Daten vom Deutschen Wetterdienst zeigen, dass Klima- beziehungsweise Wetterextreme häufiger und intensiver werden. Jede Klimastation zeigt, dass die Lufttemperaturen steigen, Hitzetage häufiger werden, in einigen Gebieten auch Starkregenereignisse und Dürren.
Es muss klar gesagt werden: Auch wenn wir die globalen Ziele des Klimaschutzes schaffen – aktuell sieht es nicht so aus –, dann ist Anpassung trotzdem notwendig. Zudem gibt es seit 2008 die Klima-Anpassungsstrategie der Bundesregierung, die das schon früh erkannt und deutlich formuliert hat. Darüber war ich ziemlich froh. Seit 2024 haben wir auch das Klimaanpassungsgesetz mit Novellierung der Strategie. Die absolute Notwendigkeit der Anpassung wird aber wohl nicht deutlich genug kommuniziert.
Was kann die Kirche tun?
Es gab etwa in der evangelischen Kirche einen Aufruf, Gotteshäuser als kühle Orte anzubieten. Kirchen, ich meine die alten, sind von ihrer Architektur her so gebaut, dass sie im Sommer kühl bleiben: dicke Wände und hohe Räume, in denen die warme Luft nach oben steigt und es unten relativ kühl bleibt. Bei Hitze könnte man kühle Kirchen öffnen, darin Wasser verteilen und Aufklärungskampagnen für vulnerable Gruppen durchführen, etwa für ältere Menschen.
Ist Begrünung eine Maßnahme?
Jein. Begrünung ist (fast) immer gut. Aber das muss tatsächlich intelligent umgesetzt werden, indem man klimaangepasste Arten pflanzt und überlegt: Habe ich genug Wasser für die Begrünung? Denn die Dürren kommen. Es braucht ein Wasserversorgungskonzept. Außerdem darf die Begrünung, etwa Straßenbäume, die Kalt/Frischluft-Zufuhr in Städten nicht reduzieren.
Was ist die beste Strategie für Kirchengemeinden?
Das ist immer ortsabhängig. In einem Ort ist Starkregen das Hauptproblem, woanders eher Dürre. Man muss das jeweils analysieren und dann entscheiden.
Beim Umweltpreis gab es zu Klimafolgenanpassung wenig Resonanz. Woran liegt das?
Man hofft immer noch auf Klimaschutz, bevor man die Anpassung startet. Ein weiterer Grund ist fehlende Expertise und Arbeitskraft. Bevor man ein Anpassungskonzept erstellt, muss man verstehen, worum es geht. Man braucht Menschen mit einer klimatologischen, klimatechnischen oder einer relevanten Ingenieursausbildung.
In Kirchengemeinden fehlt es also an Expertise und Fachkräften?
Sie fehlen überall. Als Studiengangleiter bekomme ich regelmäßig Anfragen von Kommunen nach Studierenden, etwa für ein Praktikum beziehungsweise eine Abschlussarbeit, oder nach Absolventen, um diese Konzepte zu entwickeln. Denn Mitarbeiter von Behörden können dies nicht immer übernehmen. Aber wir haben nicht genügend Absolventen.
Interview: Anja Weiffen