Sie sind selten: Osterkrippen. Im Wormser Dom können Kinder und Erwachsene in diesen Tagen Egli-Figuren bestaunen, die Jesu Leiden, Sterben und Auferstehung zeigen. Ein Treffen mit Initiatorin Martina Bauer beim Krippenaufbau.
Jerusalem um das Jahr 30. Menschen drängen durch die staubigen Straßen. Von nah und fern sind sie gekommen: Frauen und Männer, Hirten, Pilger. Unter Ölbäumen machen sie Rast. Das Pessach-Fest steht bevor. Die Atmosphäre ist aufgeheizt. Mittendrin: Jesus.
Was war da los … damals … vor 2000 Jahren? Die Landschaft der Osterkrippe im Wormser Dom führt gedanklich ins Heilige Land. Im Eingang der Josefskapelle stellt Martina Bauer die Egli-Figuren an ihre Plätze. Ein Soldat bewacht die Stadtmauer. Schafe und der Palmsonntagsesel warten auf ihre Besitzer. Das Licht der mediterranen Sonne simulieren mehrere Leuchtstrahler, die Martina Bauer am Eingangsgitter der Kapelle befestigt. Seit circa vier Jahren baut die Leiterin der benachbarten Kindertagesstätte St. Lioba hier im Dom eine Osterkrippe auf.
„Wir versuchen auf diese Weise, gerade für Kinder und Familien, Szenen der Ostergeschichte bildhaft nachzustellen“, erklärt Martina Bauer. Über die Kar- und Ostertage wird sie die Szenerie immer wieder verändern. „Das Geschehen von Palmsonntag ist zu sehen, wie Jesus auf dem Esel nach Jerusalem einzieht. Es geht weiter an Gründonnerstag mit dem Abendmahl. Manchmal ist auch Jesus mit Petrus dargestellt, etwa wie er Jesus die Füße wäscht.“ Der Name Petrus hat in Worms einen besonderen Klang, der Apostel ist der Schutzpatron des Wormser Doms. Petrus, ergänzt die Erzieherin, „ist bei fast allen Szenen der Osterkrippe mit dabei“.
Während Krippen zu Weihnachten in nahezu jeder Kirche zu sehen sind, haben Osterkrippen Seltenheitswert. Im 18. Und 19. Jahrhundert sollen Passions- oder Fastenkrippen, wie Osterkrippen auch genannt werden, weit verbreitet gewesen sein. Ein Jahrhundert später versank die Tradition in Vergessenheit. Ein Relikt entdeckte Martina Bauer vor sechs Jahren bei einem Besuch in Oberammergau. „Die Kirche beherbergte eine beeindruckend große Osterkrippenlandschaft. Jede Begebenheit der Passionsgeschichte wurde gezeigt, das hat mir gut gefallen. Dort habe ich zum ersten Mal eine Osterkrippe bewusst wahrgenommen. Ich kannte nur Weihnachtskrippen und weiß, wie fasziniert Kinder davon sind.“
Für sie war die Oberammergauer Osterkrippe Inspiration, auch in Worms diese Tradition einzuführen. Allerdings mit Egli-Figuren, die der Kita durch ihr religionspädagogisches Material zur Verfügung stehen. „Wir haben circa 25 Figuren, auch viele Tiere, ganz wichtig der Esel oder auch das Kamel.“ Letzteres werde aber eher in der Weihnachtskrippe mit den Heiligen Drei Königen eingesetzt, erläutert die Kirchenmitarbeiterin. „Wir nutzen unsere Egli-Figuren das ganze Jahr über und spielen damit die biblischen Geschichten nach. Daran sind die Kinder sehr interessiert, sie tun da gerne mit und spielen das selbst nach“, sagt Bauer. Auch muslimische und andere nicht-getaufte Kinder seien gerne dabei. Teile der Osterkrippenlandschaft haben die Kita-Kinder mitgebaut wie etwa den Berg Golgatha, an dem in einigen Tagen das Kreuz stehen wird.
Martina Bauer holt eine weitere Figur aus einem Karton. Sie streicht ihr das Haar glatt und setzt sie in die Krippe. Die Puppen ohne Gesichter lassen Raum für die eigene Vorstellungskraft. Sie nimmt Petrus und stellt ihn Jesus gegenüber. Das Kreuz im Hintergrund lässt nichts Gutes ahnen. Jesus, weiß gekleidet, spricht mit dem Mann im Fischerhemd. Zwei Freunde, deren Beziehung bald auf die Probe gestellt wird. Jesus prophezeit seinen Jüngern, dass er verfolgt werden wird. „Da sagte Petrus zu ihm: Auch wenn alle Anstoß nehmen – ich nicht! Jesus sagte ihm: Amen, ich sage dir: Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Worte aus dem Markusevangelium, die die beiden Stoffpuppen in diesem Moment zu sagen scheinen.
Die Ostergeschichte, keine leichte Kost. Auch nicht für Erwachsene. Für interessierte Besucherinnen und Besucher liegen im Wormser Dom Flyer aus, die die verschiedenen Krippenszenen abbilden und mit einfachen Worten erklären: Vom Abendmahl über das Beten am Ölberg, den Kreuzweg, die Kreuzigung bis hin zur Auferstehung und zum Emmaus-Gang.
Für Kinder werden die Szenen bei einer eigenen Osterfeier im Dom mit Stationen auf einem Weg zum Altar im Zeitraffer nachgespielt. Wie gehen die Kinder mit Jesu Leiden und Sterben um? Martina Bauer: „Für die Kinder ist Tod sowieso ein Thema, sie hatten nicht selten schon Familienangehörige oder auch Haustiere, die gestorben sind. Wir versuchen, bei den jeweiligen Szenen die Situation schnell aufzuklären und ihnen deutlich zu machen: Für uns Christen gibt es ein Danach. Wichtig ist für die Kinder ein Happy End.“
Die Osterkrippe im Wormser Dom ist noch bis zwei Wochen nach Ostern zu sehen.
Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 31.März 2024. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf – 06131 253-451 oder E-Mail: RedaktionFML@bistumspresse.de