Schockiert und traurig

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Datum:
14. Okt. 2020
Von:
Kirchenzeitung "Glaube und Leben"

Die Nachricht, dass das Bistum Mainz die Trägerschaft mehrerer Schulen abgeben will, hat für große Bestürzung bei Eltern, Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften gesorgt. Reaktionen im Überblick.

Dr. Ricarda Müller, Schulleiterin Hildegardisschule Bingen:

„Der Schritt kam zum jetzigen Zeitpunkt überraschend und löste im Kollegium, bei Eltern und Schülerinnen sowie Ehemaligen weit über die Region hinaus große Betroffenheit, Enttäuschung und Unverständnis aus.

Die Hildegardisschule schaut auf mehr als 150 Jahre christlich geprägte pädagogische Arbeit zurück. Die Schule hat sich über die Jahrzehnte einen sehr guten Ruf in einem großen Einzugsgebiet erarbeitet und viele Generationen von Schülerinnen geprägt.

Mit der bewussten Förderung und Begleitung von Mädchen und jungen Frauen in Gymnasium und Berufsbildender Schule setzt sie einen zeitgemäßen Schwerpunkt. Wir schauen besonders auf die einzelne Schülerin und unterstützen sie auf ihrem individuellen Weg. Dieses ganzheitliche Bildungsverständnis wird als besondere Stärke der Schule wahrgenommen.

Bei allem Verständnis für die finanzielle Misere des Bistums Mainz muss gefragt werden, ob der Rückzug aus dem Bereich der Bildung im Sinne der Kirche eine gute Entscheidung ist. Viele Schülerinnen und auch deren Eltern und Familien konnten durch das schulische Miteinander positive Erfahrungen mit Kirche und Glaubenspraxis sammeln. Diese Chance wird zukünftig so in der Region Bingen nicht mehr bestehen.“

Thomas Jacob, Schulleiter des Ketteler-Kollegs Mainz:

„Die Daseinsberechtigung einer katholischen Schule ist dadurch gegeben, dass man das katholische Profil lebt. Das heißt für uns, dass wir nicht nur einen schulischen Bildungsauftrag haben, sondern unsere Schülerinnen und Schüler in allen Lebensbereichen beraten. Unsere Klientel bildet eins zu eins unsere Gesellschaft ab. Dazu gehören auch Schülerinnen und Schüler, die einen wirtschaftlich und sozial prekären Hintergrund haben. Zudem gibt es hier Schülerinnen und Schüler mit ganz unterschiedlichen religiösen Hintergründen, etwa Muslime oder Nicht-Religiöse. Das ist für uns als Kirche eine gute Chance gewesen, Kirche auch nach außen hin ein positives Gesicht zu geben. Da höre ich dann manchmal: Kirche kann ja auch richtig toll sein.

Ich werde mich als Person nicht ändern, aber der künftige Träger hat natürlich die Ausrichtung, wertneutral zu sein. Im Kollegium herrscht derzeit eine große Betroffenheit. Dabei ist die Sorge nicht in erster Linie eine drohende Arbeitslosigkeit, sondern, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer bewusst dazu entschieden haben, in den kirchlichen Dienst zu treten. Sie richten ihr ganzes Leben danach aus. Die Kirche ist ihnen Heimat und Richtschnur. Und hier wird gute Arbeit geleistet! Deshalb stellt die Abgabe der Trägerschaft für den Einzelnen eine große persönliche Verletzung dar. Auch wenn die Entscheidung wirtschaftlich und finanziell nachvollziehbar ist.“

Sabine Nellessen-Kohl, Schulleiterin der Liebfrauenschule Bensheim:

„Für die Liebfrauenschule, die im Jahr 1858 von der Congregatio Jesu – auch bekannt als Maria-Ward-Schwestern – gegründet wurde und 1978 in die Trägerschaft des Bistums überging, wird ein neuer Träger gesucht. (...) Für die Schülerinnen, deren Eltern, das Kollegium, die Schwestern der Congregatio Jesu und alle, die sich als ehemalige Schülerinnen oder Kollegen*innen der Schule verbunden fühlen, ist dies natürlich zunächst ein Schock. (...) Wir, das Kollegium der Liebfrauenschule, werden alles tun, um unsere Schule an Ort und Stelle – im Herzen Bensheims – zu erhalten, kontinuierlich weiterzuentwickeln und in eine neue Trägerschaft zu begleiten. (...) Die Liebfrauenschule liegt im Herzen Bensheims, ist seit mehr als 160 Jahren eine Schule für Bensheim (und Umgebung) und freut sich jetzt über jede Unterstützung aus Bensheim (und Umgebung), um weiter mit Jugendlichen arbeiten zu können.“

Susann Rohmer, Mitglied des Schulelternbeirats der Martinus-Schule Gonsenheim, in einer Pressemitteilung:

„Kurz nachdem die Entscheidung des Bistums bekannt wurde, erreichten mich zahllose Anrufe, Mails und Nachrichten besorgter und verunsicherter Eltern. Von Traurigkeit bis Wut war die volle emotionale Bandbreite dabei. Mir war aber schnell klar, dass wir nicht in der Trotzecke verharren dürfen, sondern zügig den Dialog mit dem Bistum suchen müssen, um eine gute Lösung für unsere Kinder und die Zukunft der Schule zu finden“, sagt die Vorsitzende des Schulelternbeirats Susann Rohmer. (...) Ein ehemaliger Martinus-Schüler, Sebastian Grom, gründete die Facebook Gruppe „Rettet die Martinus-Schule Gonsenheim“. Diese erreichte in kürzester Zeit über 700 Mitglieder. Zudem wurde die Idee geboren, eine „Zukunftswerkstatt“ zu gründen, in der sich alle interessierten Eltern, Ehemaligen und Freunde aktiv einbringen können.

Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 18. Oktober 2020. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de