Wer kümmert sich um Wohnungslose, wenn sie pflegebedürftig werden? Dem Mainzer Thaddäusheim bereitet das Thema Sorgen, das liegt vor allem auch an den Krankenhäusern, die ihre Patienten nach Operationen früher entlassen. Ein Bericht aus der Kirchenzeitung "Glaube und Leben".
Nach Jahrzehnten auf der Straße fand er im Thaddäusheim in Mainz eine vorläufige Heimat. Da er Hilfe bei der Körperpflege und Medikamentengabe benötigt, wird er, wie auch viele andere Bewohner, von Angelika Ullmann-Schüler unterstützt. Doch die Pflegefachkraft geht Ende des Jahres in Rente. Thomas Stadtfeld, Leiter des Thaddäusheims, blickt angesichts des Pflegenotstands mit Sorge in die Zukunft.
Immer mehr Obdachlose kommen mit körperlichen und gesundheitlichen Einschränkungen ins Thaddäusheim. Wenn sie ihr Leben auf der Straße nicht mehr allein meistern können, fängt sie das Heim für wohnungslose Männer auf. „Damit uns das gelingt, muss eine Pflegefachkraft zum Personalstamm der Einrichtung gehören“, sagt Stadtfeld. Auch auf die Zusammenarbeit mit der Caritas-Sozialstation und dem Verein Armut und Gesundheit sei man angewiesen. Das Thaddäusheim ist aber nicht als Pflegeheim ausgerichtet, und Probleme gibt es dann, wenn Wohnungslose nach Krankenhausaufenthalten fast noch bettlägerig von der Klinik ins Thaddäusheim geschickt werden. Entlassungen aus dem Krankenhaus erfolgen immer früher, viele Operationen werden nur noch ambulant durchgeführt – das betrifft zwar Patienten insgesamt, aber Wohnungslose haben nochmals besonderen Betreuungsbedarf, erläutert Stadtfeld, der diese Erfahrung seit einigen Jahren in seiner Einrichtung macht. Zunehmend gibt es Konflikte, wo Wohnungslose, etwa nach eine Operation, unterkommen können, denn ein Zuhause und Angehörige, die sich um sie kümmern, haben sie in der Regel nicht. Die Hintergründe der früheren Krankenhausentlassungen sieht Thomas Stadtfeld darin, dass für die Kliniken „seit circa vier, fünf Jahren – nicht erst seit Corona – der wirtschaftliche Druck enorm gestiegen ist“. Auch habe sich der Auftrag der Krankenhäuser verändert, bemerkt er. „Im Grunde geht es nur noch um die Akutversorgung.“
Die Kosten für Pflegeheimplätze von Wohnungslosen übernimmt das Sozialamt. „Die meisten sind heute krankenversichert, und dennoch fällt ein Teil noch durchs Netz“, teilt Thomas Stadtfeld mit. Doch Heimplätze müssten erst gefunden werden, die Heime schauten genauer hin, wen sie aufnehmen, und die Zeit bis zu einer Aufnahme müsse überbrückt werden.
In den letzten sieben Jahren hat Angelika Ullmann-Schüler die Pflege im Thaddäusheim geleistet. Schwester Angelika, wie sie vertrauensvoll von allen genannt wird, kümmert sich nicht nur um Wunden und Hygiene der Bewohner, „noch wichtiger ist es, seelische Verletzungen zu berücksichtigen, sich Zeit zu nehmen und so das Vertrauen der Bewohner zu bekommen“. Mit Menschen, die Anfeindungen und Übergriffe vom Leben auf der Straße kennen, ist der persönliche Kontakt wichtig. „Sie werden oft übersehen, weil sie nicht in das Bild der Gesellschaft passen“, sagt Schwester Angelika über die Thaddäusheim-Bewohner. „Mein Dienst ist ganz viel Arbeit an der und für die Seele.“ Den wohnungslosen Männern die Haare zu schneiden, sie zu baden, mit frischer Kleidung zu versorgen, „bedeutet für mich, ihnen ihre Würde zurückzugeben“. Im Vergleich zu einer getakteten Arbeit im ambulanten Pflegedienst, erlaube die Pflege im Thaddäusheim persönliche Beziehungs- und Vertrauensarbeit, betont Ullmann-Schüler.
Wenn Schwester Angelika Ende dieses Jahres in den Ruhestand geht, wird Winfried Z. diese Bezugsperson fehlen – für ihn der richtige Zeitpunkt, in ein Pflegeheim überzusiedeln. Das Thaddäusheim hat die Stelle für eine Nachfolgekraft von Angelika Ullmann-Schüler ausgeschrieben, bisher jedoch ohne Erfolg. (pm/wei)
Kontakt: Thaddäusheim, An der Goldgrube 13, 55131 Mainz, Telefon 06131 / 5 30 10 14
Infos zur Stellenausschreibung:
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Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 25. September 2022. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de