Wahlen in Umbruchszeiten

Ulrich Janson (c) privat
Ulrich Janson
Datum:
13. Sept. 2023
Von:
Anja Weiffen

Die nächsten Pfarrgemeinderatswahlen im Bistum finden nicht im Herbst, sondern im März 2024 statt. Was sich gerade bei der Mitbestimmung der Laien tut, erläutert Ulrich Janson, scheidender Referent für die Pfarrgemeinderäte.

Wahlen künftig im Frühjahr

Die Amtszeit der Pfarrgemein deräte (PGR) beträgt vier Jahre. Turnusgemäß würden die Wahlen jetzt im Herbst stattfinden, doch sie wurden verschoben: auf den 16./17. März 2024. Hintergrund dieser Terminänderung ist der Pastorale Weg. „Am 1. Januar 2024 gründen die ersten Pasto ralräume – die fünf PilotRäume – neue Pfarreien. Unmittelbar nach Pfarreigründung sollen neue Gremien gewählt werden, die Pfarreiräte“, erklärt Ulrich Janson. „Der Einfachheit halber haben wir diesen Termin mit den turnusgemäßen PGRWahlen zu sammengelegt.“
Da es Pastoralräume gibt, die Anfang 2025 und wieder andere Anfang 2026 Pfarrei werden, er geben sich Ungleichzeitigkeiten bei den Amtszeiten. So werden einige Pfarreien die Amtszeiten ihrer bisherigen PGR verlängern. Andere wählen im März Pfarrge meinderäte nur für drei oder zwei Jahre. „Bei den Wahlen im Frühjahr wird daher circa die Hälfte der Pfarreien nicht mitwählen“, erläutert der Diözesanreferent, der auch schon sagen kann: „Künftig werden die Wahlen im ersten Quartal stattfinden, weil Pfarreien in der Regel Anfang eines Jahres gegründet werden.“
Einen grundsätzlichen Unter schied zwischen den bisherigen Pfarrgemeinderäten und den künftigen Pfarreiräten gibt es nicht, sagt Janson. Durch die grö ßeren Räume hätten Pfarreiräte allerdings andere Aufgaben, da sie auf übergeordneter Ebene tä tig werden und zudem mit der neuen Ebene der Gemeindeausschüsse zusammenarbeiten. „Jede bisherige Gemeinde soll proportional nach Katholikenzahl in den jeweiligen künftigen Pfarreiräten durch Mitglieder des Gemeindeausschusses vertreten sein“, versichert er. Der Gemein- deausschuss sei zwar kein verfasstes Gremium. „Aber uns ist es wichtig, dass es ein Gremium vor Ort gibt, damit das Gemeindeleben nicht stirbt.“ Der Pfarreirat in den neuen Pfarreien soll dafür sorgen, dass nicht nur die Gemeinden, sondern auch andere Kirchorte wie etwa Schulen, Orden, Krankenhausseelsorge im Blick sind. Wer auf jeden Fall im Pfarreirat mitarbeitet: Kitas und die Gemeindecaritas. Auch die Jugendvertreter sind gesetzt, werden aber nicht mehr bei den PGR-Wahlen gewählt, sondern in einer Jugendversammlung.
Auf die Frage, wie Gruppen, die nicht automatisch im Pfarreirat vertreten sind, sich in einer Gemeinde Gehör verschaffen können, zum Beispiel Familienkreise, Seniorengruppen oder Kirchenchöre, antwortet Janson: „Sie können in den Gemeindeausschüssen mitarbeiten. Außerdem werden alle Pfarreimitglieder durch den gewählten Pfarreirat repräsentiert.“ Gemeinden sollten sich so früh wie möglich nach geeigneten Kandidaten umsehen, empfiehlt der Bistumsmitarbeiter. „Spätestens ab Januar.“
Er regt an, nicht immer dieselben für eine Kandidatur zu fragen, sondern diesen Kreis zu erweitern. Die Kandidatensuche sei auch nicht allein Aufgabe des Wahlvorstands. „Die Gemeinden sollten sich fragen: Welche Menschen leben bei uns? Wen möchten wir in die Mitbestimmung und -verantwortung einbeziehen? Und wo begegnen uns diese Menschen?“ Um auch neue Leute anzusprechen, bedürfe es der Gespräche und auch des Gewährens von Bedenkzeit. „Das alles braucht Zeit.“
Angesprochen auf eine aktuelle Diskussion um AfD-Mitglieder, die kirchliche Ämter in Pfarreien besetzen könnten, findet Ulrich Janson klare Worte: „Zwar gibt es für uns keine Handhabe, weil die AfD keine verbotene Partei ist, aber rassistisches, antisemitisches und flüchtlingsfeindliches Gedankengut hat in den kirchlichen Gremien keinen Platz, weil das mit unserem christlichen Menschenbild nicht vereinbar ist.“ Kürzlich hatte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) Irme Stetter-Karp eine Debatte mit dem Satz ausgelöst: „Wer in der AfD ist, darf in der Kirche keine Macht bekommen.“
Ulrich Janson ist seit 20 Jahren für die Pfarrgemeinderäte tätig. „Das Tolle an der Stelle ist, dass ich mit Menschen gearbeitet habe. Vor allem mit Menschen im Ehrenamt.“ Im Rückblick sieht er im Bistum ein gewachsenes Bewusstsein für die Mitbestimmung und -verantwortung von Laien in der Kirche, auch durch den Synodalen Weg. „Vor 20 Jahren waren PGR nicht selten bessere Festausschüsse“, weiß er. Zugleich werde es immer schwieriger, Ehrenamtliche zu finden, die sich für eine Amtszeit binden. „Das ist aber ein durchgängiges gesellschaftliches Phänomen.“

„Die synodalen Gremien sind alternativlos“

Potenzial für mehr Mitbestimmung sieht Ulrich Janson auf Gemeinde-Ebene. Anders als auf Pfarrei-Ebene könnten Pfarrer dort Ehrenamtlichen Leitungsfunktionen übertragen, erklärt er. „Das wird ein Thema im Bistum in den nächsten Jahren“, ist er überzeugt. Janson betont: „Die synodalen Gremien sind alternativlos. Dort beraten Haupt- und Ehrenamtliche gemeinsam, wie Menschen durch die Botschaft Je- su das Leben in Fülle haben werden.“

Zur Person

Pastoralreferent Ulrich Janson (65) ist seit 20 Jahren im Bischöflichen Ordinariat als Diözesanreferent für die Pfarrgemeinderäte tätig. Zuvor war er unter anderem Dekanatsreferent im Dekanat Darmstadt und Direktor der Fachakademie zur Ausbildung von Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten in Mainz. Ende September geht er in den Ruhestand. Ulrich Janson ist verheiratet, hat zwei Kinder und zwei Enkel. (red)

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