„Bei mir herrscht mehr Ernüchterung als Hoffnung auf kleine Schritte der Veränderung“, sagt Bischof Peter Kohlgraf im „Wort des Bischofs“. Darin schildert er seine Sicht des Ad-limina-Besuchs der deutschen Bischöfe in Rom.
Vom 14. bis 19. November 2022 waren die deutschen Bischöfe in Rom zum sogenannten Ad-limina-Besuch. Alle fünf bis sieben Jahre werden die einzelnen Bischofskonferenzen nach Rom geladen, um mit dem Papst und den einzelnen Dikasterien, den Zentralbehörden der römischen Kurie, über die Situation der Kirche in ihrem Land zu sprechen. „Ad-Limina“ heißt, dass wir an die „Türschwellen der Apostel“ gepilgert sind, es war neben den Gesprächen auch eine Wallfahrt. In den großen Basiliken haben wir Gottesdienst gefeiert. Für mich war es der erste Besuch dieser Art in Rom. Hohe Erwartungen wurden an diesen Besuch der Bischöfe geknüpft, denn der Synodale Weg sollte ein zentrales Thema sein. Die einen erwarteten eine Zurechtweisung der deutschen Bischöfe, die anderen forderten die Bischöfe auf, mutig die Themen und Anliegen zu verteidigen. In den ersten Tagen fanden Gespräche mit unterschiedlichen Dikasterien statt. Ich kann hier nur meine persönlichen Eindrücke wiedergeben. Die Gespräche laufen nach einem festen Ritual ab. Ein deutscher Bischof nimmt zu einem bestimmten Thema Stellung, die Texte sind vorbereitet. Darauf gibt es ein vorbereitetes Statement eines Kurienvertreters. Anschließend melden sich die Bischöfe zu Wort, darauf reagieren wiederum die Vertreter der Kurie. Die Qualität der Treffen war durchaus unterschiedlich. Natürlich kamen auch die kritischen Themen zur Sprache, aber bei über 70 Teilnehmern kann man nur schwer von einem echten Gespräch reden. Zentral war die mehrstündige Begegnung mit Papst Franziskus. Von der menschlichen Seite aus gesehen ist er sehr präsent, und er ist gut informiert. Dabei wurde– wie auch anderenorts – wahrnehmbar, dass er die Situation der Kirche in Deutschland und den Synodalen Weg kritisch beurteilt. Er hat sehr grundsätzliche Gedanken geäußert, die aus anderen Zusammenhängen von ihm bekannt sind. Am Ende verwies er auf den Brief an die Gläubigen in Deutschland vom 29. Juni 2019, in dem er alles gesagt habe, was ihm wichtig sei. Am Ende der Woche stand ein Treffen der entscheidenden Dikasterien mit dem Blick auf den Synodalen Weg. Nach Bischof Bätzing sprachen Kardinal Ladaria (Glaubenskongregation) und Kardinal Ouellet (Bischofskongregation), die Moderation hatte Kardinal Parolin (Staatssekretariat) inne. Auch er hielt sich mit seinen Einschätzungen nicht zurück. Die Redebeiträge sind mittlerweile veröffentlicht. Kardinal Ladaria bezog sich im Wesentlichen auf die Grundlagentexte des Synodalen Weges, die er inhaltlich infrage stellte. Es wurde in den Aussagen deutlich, dass es Themen gebe, die nicht zur Diskussion stehen dürften, etwa die Frage nach der Priesterweihe der Frau und die Bewertung der Homosexualität. Dazu sei alles Wesentliche gesagt. Es ist meiner Wahrnehmung nach nicht angekommen, dass die Texte aus Deutschland keine neue Lehre formulieren, aber Fragen zur weiteren Öffnung der Diskussion in der Weltkirche stellen wollen. Das geforderte Moratorium des Synodalen Weges durch Kardinal Ouellet konnte abgewendet werden. Im Frühjahr 2023 wird es die Abschlusssitzung in Frankfurt geben. Von Kardinal Parolin wurde ein Brief angekündigt, auf den wir nun warten. Mir ist klargeworden:
Wir werden die Konstruktion einer Verstetigung der Synodalität in Deutschland in Form eines
Synodalen Rates nicht angehen können, ohne die römischen Beteiligten am weltweiten synodalen Prozess einzubeziehen. Das bedeutet aber nicht, dass wir einfach nur deren Vorgaben übernehmen. Ohne Ringen wird es nicht gehen. Das Setting des Treffens war aus verschiedenen Gründen interessant. Den Ton habe ich nicht in jedem Beitrag als wertschätzend erlebt. Die Beiträge der Kirchen aus aller Welt zur Weltsynode, die sich mit unseren deutschen Themen decken, fanden keine Erwähnung. Es ist auch nicht zu verkennen, dass nicht jeder Kurienmitarbeiter die Idee einer synodalen Kirche, die Papst Franziskus vorschwebt, teilt. Es ist durchaus interessant, wer bei dem Treffen das Wort führte und wer nicht. Kardinal Grech als Verantwortlicher für die Weltsynode spielte keine entscheidende Rolle. Nicht nur die deutschen Bischöfe sind in bestimmten Fragen unterschiedlicher Auffassung, auch die Kurialen sind offenkundig nicht eins.
In aller Kürze und Deutlichkeit: Bei mir herrscht mehr Ernüchterung als Hoffnung auf kleine Schritte der Veränderung. Wir sind und bleiben katholisch, und warten wir weiter den Verlauf der Weltsynode ab, die sicher manche Überraschung bieten kann.
Ihr Bischof Peter Kohlgraf
Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 4. Dezember 2022. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de