Am Samstag, 28. Juni, wird Thomas Kettel im Mainzer Dom von Bischof Peter Kohlgraf zum Priester geweiht. Im Interview äußert sich der Seminarist auch zum neuen Papst Leo XIV.
Wie fühlen Sie sich, gerade jetzt Priester zu werden? In Umbruchszeiten mit einem neuen Papst?
Ich bin zuversichtlich, denn es geht ja weiter in derKirche. Zuversichtlich bin ich auch, was den neuenPapst betrifft. Denn ich denke, er wird die Kirche mit der Kraft des Heiligen Geistes leiten, so wie es notwendig ist.
Was gefällt Ihnen an Leo XIV.?
Ich habe mich am Abend seiner Wahl tatsächlich sehr gefreut. Papst Leo hat für mich eine gute Verbindung von Kontinuität und Aufbruch gezeigt. Das spiegelt sich – für mich – auch in seiner Namenswahl wider: Er knüpft an einen Vorgänger an, Leo XIII., der mit seiner Sozialenzyklika Rerum Novarum gemeinsam mit dem Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler die katholische Soziallehre begründete. Zudem trifft der Hinweis von Papst Leo auf die Künstliche Intelligenz den Nerv unserer Zeit und bringt die Herausforderungen gut auf den Punkt.
Was erwarten Sie vom neuen Papst?
Er sollte ein Symbol der Einheit der Kirche sein, als ihre letzte Autorität. Meiner Meinung nach funktioniert eine Kirche nach dem Prinzip „sola scriptura“, also „nur die Heilige Schrift zählt“, nicht. Das sehen wir zum Beispiel auf evangelischer Seite in den USA, wo es ganz viele verschiedene Kirchen gibt. Es braucht meines Erachtens ein kirchliches Lehramt. Angesichts der bestehenden Konflikte und derjenigen, die uns bevorstehen, sollte der Papst auch Staatsmann sein. Er sollte für den Frieden eintreten und diplomatisch gewieft sein. Er braucht ein Gefühl dafür, wie mit den einzelnen Staatenlenkern umzugehen ist.
Haben Sie auch Sorgen bezüglich des Papst-Wechsels?
Dass es viele Kräfte geben wird, die am neuen Papst zerren – seien es liberale, konservative oder gemäßigte. Zugleich gefällt mir diese Einteilung in Flügel nicht. Sie schadet eher. Parteiungen gehören nicht in den Kirchenklerus, finde ich.
Wie würden Sie sich selbst einordnen?
Ich mag die Etikettierungen nicht, weil es auch immer vom Thema abhängt, in welche Richtung man tendiert. Grundsätzlich würde ich mich eher als gemäßigt-konservativ bezeichnen.
Wie kamen Sie zum Priesterberuf?
Ich bin gut katholisch aufgewachsen. Mein Vater ist Religionslehrer. Dadurch war ich oft in Rom. Dort wurde ich einmal von einem Priester gefragt, ob ich Seminarist sei. Damals studierte ich noch Politikwissenschaften. Aber ich fragte mich daraufhin: Warum nicht Priester? Warum nicht ich? Die Begegnung hat mich zum Nachdenken gebracht. Mich hat immer die Frage interessiert, wie Gesellschaft gelingen kann. Ich kam für mich zu der Antwort: nur mit einem tiefgreifenden Christentum. Daraus entstand mein Wunsch, Priester zu werden.
Welchen Primizspruch haben Sie sich ausgesucht?
„Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“, Römerbrief 5,5. Das ist der Titel der Verkündigungsbulle des Heiligen Jahres. Den Spruch habe ich sehr bewusst gewählt. Im Heiligen Jahr geweiht zu werden, bedeutet mir viel.
Thomas Kettel (30) stammt aus Rümmelsheim in Rheinhessen. Seine dortige Heimatpfarrei ist St. Laurentius im Bistum Trier. In seiner Freizeit fotografiert Thomas Kettel gerne. Seine Zeit als Diakon absolvierte er im Pastoralraum Otzberger Land. Der künftige Einsatzort als Kaplan ist der Pastoralraum Wetterau-Süd. Seine Priesterweihe findet am Samstag, 28. Juni, um 9.30 Uhr im Mainzer Dom statt.