Seit fünf Jahre schwingen Stephanus, Willigis und Maria von Magdala mit ihrer alten Schwester Beatrix in der Glockenstube von St. Stephan zu ihren fest programmierten Zeiten; alle vier zusammen nur am Sonntag, am Werktag einzeln oder zu zweit.
Ihr allererstes gemeinsames Läuten am 27. Februar 2009 hörten die Besucher der Kirche mit großer Rührung. Nicht nur, weil nach 67 Jahren wieder ein mehrstimmiger Klang vom fahnengeschmückten Turm über den Dächern zu hören war, sondern weil es genau der Tag im Monat war, als 1945 die Innenstadt mit Spreng- und dann mit Brandbomben zugedeckt und zerstört wurde. Schon 1941 und 1942 hatten die Bombenangriffe der Allierten verheerende Schäden angerichtet; in den letzten Tagen des Krieges aber war die Verwüstung des Zentrums unvorstellbar.
Der jährliche Gedenkakt der Landeshauptstadt Mainz Ende Februar hatte noch 2008 viele Mainzer an die Christophskirche geführt, wo der Oberbürgermeister am Mahnmal der Kriegsruine einen Kranz niederlegte, um an die Zerstörung unzähliger Wohn- und Geschäftshäuser, 80 Prozent aller Gebäude, zu erinnern und der rund 1.200 Menschen zu gedenken, die den Tod fanden. Wegen der Kürze des Fliegeralarms hatten Bewohner sich nicht mehr in die Luftschutzkeller retten können, auch der Weg in die Kasematten der Zitadelle war zu weit.
2009 war dieser Gedenkakt aus Anlass der neuen Stephansglocken auf den Stephansberg verlegt worden. Unter den Rednern waren Bürgermeister Norbert Schüler, Probst Klaus-Volker Schütz und Vorstandsvorsitzender Udo Ungeheuer; die Firma Schott hatte aus Anlass ihres 125-jährigen Betriebsjubiläums die drei neuen der Kirche gestiftet. Es sprach auch Kardinal Karl Lehmann, der es als eine der Aufgaben der Glocken ansah, die heutigen rastlosen Menschen aus Gedankenlosigkeit und Desinteresse zu reißen und auf das Geschenk des langen Friedens nach dem Krieg hinzuweisen.
Dieses Jahr findet am 27. Februar um 10 Uhr - wieder an der Christophskirche - ein Versöhnungsgottesdienst statt. Der Gedenkakt der Stadt schließt sich um 11 Uhr an.