Der Passant muss sich bücken, will er entziffern, was da zu seinen Füßen zu lesen ist (vgl. Bild nebenan);
Die anderen drei Platten sind gewidmet
„Anna Cantor, Jg. 1872, deportiert 27.9.1942, Theresienstadt, tot 11.5.1944."
„Paul Cantor, Jg. 1878, deportiert 27.9. 1942, Theresienstadt, tot 20.10.1942"
und „Ludwig Max Cantor, Jg. 1870, Flucht in den Tod 17.2.1944, Jüdisches Krankenhaus Berlin"
Vier Geschwister wohnten in diesem Haus, als sie abgeholt wurden bzw. sich zur Flucht entschlossen. Drei im September 1942; darunter Anna, die noch noch zwei Jahre bis Mai 1944 lebte und in Theresienstadt starb (in der Nähe von Prag); Paul starb drei Wochen nach der Deportation ebenfalls im dortigen KZ. Ernst wurde in Piasken (nördliches Polen) ermordet. Ludwig Max starb nach seiner Flucht im jüdischen Krankenhaus Berlin 1944.
Ein Sportverein erinnert sich
Im November 2007 verlegte der Kölner Bildhauer Gunter Demnig die vier Steine auf Anregung des Mainzer Turnvereins 1817. Dieser erinnerte damit an seinen ehemaligen jüdischen Vorsitzenden Ernst Cantor. Die „Stolpersteine" der Breidenbacher Straße waren die ersten in Mainz; 280 andere Städte hatten sich schon früher ihrer jüdischen Mitbürger in dieser Form erinnert. Aus den Deportationslisten ergibt sich, dass 1100 Juden in der NS-Zeit die Stadt verlassen mussten.
Zur Person des geehrten Vereinsvorsitzenden (vgl. Fotogalerie) schreibt die „Mainzer Allgemeine" am 10.11. 2007: „Cantor, im Hause Breidenbacher Straße 19 geboren, wurde 1911 Vorsitzender des MTV. Im April 1933 wurde der Versicherungskaufmann im Zuge der Beschlussfassung der Deutschen Turnerschaft zur Umsetzung des "Arierparagrafen" aus dem Verein ausgeschlossen. 1939 musste er in ein so genanntes Judenhaus umziehen (Walpodenstr. 17), aus dem er am 25. März 1942 mit dem ersten großen "Judentransport" aus Mainz deportiert wurde. Wenig später wurde er ... in einem Vernichtungslager der Nationalsozialisten ermordet. Seine Geschwister Anna und Paul (beide Mainz) und Max (Berlin) erlitten das gleiche Schicksal."
Heute gibt es 116 Steine in Mainz (inkl. Kastel); die letzten 19 wurden am 3. Februar 2015 in der Innenstadt verlegt. Darunter zwei vor der Walpodenstraße Nr. 6 für Irma Metzger (geb. Leopold, Jg. 1895, deportiert 1942 nach Piaski, ermordet) und Hannelore Metzger (Jg. 1921, deportiert 1942 nach Piaski, ermordet) (vgl. Fotogalerie). Im März und September 1942 wurden sie in drei großen Transporten, darunter viele sehr alte Menschen, nach Polen und in das Ghetto Theresienstadt deportiert (Mainzer Allgemeine 4.2.2015).
Verlegung auf private Initiative hin
Gunter Demnig verlegt Stolpersteine seit dem Jahr 2000, um die Erinnerung an die Opfer des NS – Juden, Homosexuelle, Menschen aus dem Widerstand, Menschen christlicher Religion und ethnischer Minderheiten – wachzuhalten. Ausschließlich auf private Initiative und in Zusammenarbeit mit der Stadt können solche Erinnerungssteine in den Bürgersteig eingelassen werden.
In der Nachbarschaft der Stephanskirche findet man drei Exemplare auch vor dem Innenministerium, Schillerplatz 5. Hier rufen sie drei Familienmitglieder ins Gedächtnis, das Ehepaar Anna (Jgg. 1896), Wilhelm Gabriel Oppenheimer (1888) und ihre Tochter Rosemarie (1924) (vgl. Fotogalerie). Die beiden Frauen starben in Auschwitz; Ehemann und Vater war schon 1939 geflohen, wurde aus Mechelen in Holland deportiert und für tot erklärt.
Die Ausstellung im Rathaus "Sie wohnten nebenan: Im Nationalsozialismus verfolgte jüdische Mainzerinnen" zeigt zur Zeit 49 Lebensgeschichten von Mainzer Frauen und Mädchen, die im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Die Ausstellung schließt am 21. März.
Unter der Adresse
www.http://www.mainz.de/C1256D6E003D3E93/files/Stolpersteine-MZ-Opfernamen-A-Z.pdf/%24FILE/Stolpersteine-MZ-Opfernamen-A-Z.pdf
wird die Liste der Verlegeorte und die Opfernamen angezeigt.