Die Schwestern der Bensheimer Kommunität der Congregatio Jesu (c) Congregatio Jesu Bensheim

Ein wunderschöner Ort

Die Schwestern der Bensheimer Kommunität der Congregatio Jesu
Datum:
Fr. 15. Juli 2022
Von:
Anja Weiffen/ Kirchenzeitung

Mitte September packen die letzten Schwestern der Congregatio Jesu in Bensheim die Koffer. Damit sind die Maria Ward-Schwestern im Bistum Mainz Geschichte. Wie geht es den Frauen vor ihrem Abschied? Die Kirchenzeitung hat mit ihnen gesprochen.

„Jetzt müssen andere unser Werk fortführen“

Von ihrem Büro aus kann Schwester Heidrun Raabe über die ganze Bergstraße schauen, erzählt die Oberin der Bensheimer Congregatio Jesu am Telefon. Ihr tut es leid, dass die Kommunität in der Kalkgasse 7 aufgegeben werden muss. Die Gebäude der Maria Ward-Schwestern liegen an einem Berghang. „Ein wunderschöner Ort“, findet die Ordensfrau.
Acht Schwestern zählt die Gemeinschaft, die Jüngste ist 64, die älteste 90 Jahre. Schwester Heidrun, Jahrgang 1943, kam im August 2020 nach Bensheim, da waren noch 18 Schwestern vor Ort. „Zwar wussten wir, dass die Kommunität irgendwann aufgelöst wird“, sagt sie. „Wir dachten aber eher an einen Zeitraum von zehn Jahren.“ Als dann im Februar 2021 die Nachricht kam, dass die Auflösung 2022 ansteht, „waren wir doch erst einmal geschockt“, berichtet die Oberin. „Dass die hochbetagten Schwestern im Pflegeheim noch einmal umziehen müssen, das hätten sie sich wohl nicht träumen lassen.“ Die Leitung des Ordens in München habe ihnen jedoch die Gründe dieser Entscheidung gut erklärt, sagt sie. „Dieses Zeitfenster bot die einmalige Chance, dass jeweils eine kleine Gruppe von Maria Ward-Schwestern in den Pflegeheimen der Vinzentinerinnen in München und Augsburg unterkommen kann.“ Die jüngste Schwester geht in die Kommunität nach Meran in Südtirol. Die anderen werden nach Bayern übersiedeln. „Unser Orden war schon immer im süddeutschen Raum stark präsent.“
Inzwischen haben die Schwestern den Wechsel akzeptiert und sehen ihn positiv. „Wir sind dankbar, dass unser Lebensabend abgesichert ist.“ Schwester Heidrun hat selbst Ortswechsel hinter sich, darunter 36 Jahre in Mainz, als Lehrerin und dann Leiterin der Maria Ward-Schule. Neun Jahre lang leitete sie in Jerusalem das Paulus-Haus, eine Pilgerherberge, und war Vorstandsvorsitzende der Schmidt-Schule, einer deutschen Auslandsschule für palästinensische Mädchen. Auf den aktuellen Umzug nach Augsburg freut sie sich: „Ich bin neugierig. Auf die Welt, auf die Menschen, auf ein neues Ambiente.“
Seit 164 Jahren leben in Bensheim Maria Ward-Schwester. Besonders wirkten die Ordensfrauen – früher noch unter der Bezeichnung Englische Fräulein, seit 2004 heißt der Orden Congregatio Jesu – in der Bildung für Mädchen. 1858 übernahmen sie in der Stadt an der Bergstraße die höhere Töchterschule, die heutige Liebfrauenschule. 1863 errichteten die Englischen Fräulein einen Kindergarten und eine Nähschule. Der Schule war ein renommiertes Pensionat angegliedert. Die Liebfrauenschule kam 1978 in die Trägerschaft des Bistums, der Liebfrauenkindergarten wurde 2008 der Pfarrei St. Georg übergeben.
Bei der Liebfrauenschule liegen die Dinge allerdings schon wieder anders: 2019 kündigte das Bistum die Abgabe der Trägerschaft des Mädchengymnasiums an. „Wir sind froh, dass mit dem Kolping Bildungswerk Württemberg, das die Schule 2023/24 übernimmt, ein seriöser Träger gefunden wurde“, sagt Heidrun Raabe.
Die Schwestern engagierten sich über Schule und Kita hinaus: in der Pfarrei St. Georg, ob in den liturgischen Diensten, beim ökumenischen Friedensgebet, bei Misereor-Aktionen, Projekten für Simbabwe oder beim Bibel Teilen. Dienste an der Bensheimer Tafel und Deutschunterricht für Emigranten sowie Krankenbesuche im Hospiz gehörten zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten der Schwestern. Bis heute, denn auch im höheren Alter sind die Ordensfrauen aktiv. „Bei uns gilt der Dienst bis zum letzten Atemzug. Es gibt es keine Pensionsgrenze“, erläutert die Oberin.
Auch wenn die Schwestern Bensheim verlassen, „sind wir davon überzeugt, dass der Geist unserer Ordensgründerin Mary Ward auch weiterhin hier spürbar sein wird“, sagt Schwester Heidrun. Sie verweist beispielsweise auf das Team der Schulseelsorge an der Liebfrauenschule. Die Gebäude, in dem die Schwestern zurzeit noch wohnen, werden für anderthalb Jahre an den benachbarten Hospizverein vermietet.
Schwester Heidrun: „Jede Zeit hat ihre Herausforderung. Es gab Zeiten, da wurden Ordensleute für soziale und pädagogische Dienste gebraucht, heute haben meist kommunale Einrichtungen die Werke übernommen. Wir haben Anfänge gesetzt. Jetzt müssen andere unser Werk fortführen. Darauf vertrauen wir.“

Am Ignatiustag, 31. Juli, verabschieden sich die Schwestern in einem Gottesdienst um 11 Uhr in St. Georg in Bensheim.
www.congregatiojesu.de

Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 17. Juli 2022. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de

Bonifatiusbote| Der Sonntag| Glaube und Leben

Blick auf das Gebäude der Maria Ward-Schwestern in Bensheim

Brücke zur LFS (c) Congregatio Jesu Bensheim

Von ihrem Büro aus kann Schwester Heidrun Raabe über die ganze Bergstraße schauen.