Michael Ohlemüller (c) privat

„Gott wird es schon richten“ hilft nicht

Michael Ohlemüller
Datum:
Mi. 1. Apr. 2020
Von:
Anruf: Anja Weiffen

Kirchenzeitung "Glaube und Leben"

Das Coronavirus gefährdet auch die Wirtschaft. Wie geht die Betriebsseelsorge im Bistum mit der Situation um? Fragen an Michael Ohlemüller, Betriebsseelsorger für Südhessen.

Wie nehmen Sie zurzeit die Lage wahr?

Es scheint paradox, wenn man Handwerker sieht, die arbeiten, als gäbe es das Coronavirus nicht. Handwerker sind von der wirtschaftlichen Krise bisher nicht so stark betroffen. Handwerker braucht man immer. Aber Mitarbeiter anderer kleinerer Betriebe haben Existenzängste, und die sind nicht unbegründet. Die Hilfen vom Bund sind sinnvoll. Trotzdem weiß keiner wirklich, wie es weitergeht. Auch andere Firmen haben es schwer, wie etwa ein Autozulieferer in Bensheim, der schon vor Corona angeschlagen war. Mitarbeiter in der Verwaltung kommen mit der Situation, zum Beispiel durch Home-office, besser klar. Aber die Mitarbeiter in der Produktion braucht man gerade nicht. Dieses „Nicht-Gebraucht-Werden“ ist wirtschaftlich, aber auch psychisch, eine belastende Situation.

Mein Schwerpunkt in der Seelsorge sind die Arbeitslosen. Ihnen kann kein Telefongespräch den Arbeitslosentreff, der etwa regelmäßig in der Gemeinde St. Sophia in Erbach stattfindet, ersetzen. Sie warten, dass alles vorübergeht, und haben Angst, selbst krank zu werden.

 

Welche Antworten geben Sie den Menschen?

Als Seelsorger und Seelsorgerinnen sind wir jetzt in einer schwierigen Rolle. Eine Antwort wie „Gott wird es schon richten“, hilft nicht. Uns bleibt das Zuhören, das aktive Zuhören, wenn wir zeigen, dass diese Menschen uns nicht egal sind. Die Betriebsräte haben jetzt fast eher die Rolle von Seelsorgern inne. Sie haben direkt mit den Menschen zu tun, die wirtschaftliche Existenz-ängste oder die Angst um ihre Gesundheit haben. Wir als Betriebsseelsorger können jetzt für die Betriebsräte da sein und mit ihnen ihre Sorgen besprechen. Aber wir müssen auf sie zugehen, dürfen nicht warten, bis jemand zu uns kommt.

 

Wie geht das, ohne sich zu treffen?

Es ist zurzeit nicht leicht, an unsere Ansprechpartner heranzukommen. Viele sind in Kurzarbeit, befinden sich zuhause. Betriebsräte haben nicht unbedingt zuhause Zugriff auf ihre Dienstmails. Wir kontaktieren sie in der Regel über das Betriebsrat-Büro. Mit technischen, organisatorischen Fragen sowie mit Fragen des Datenschutzes setzen wir uns gerade auseinander.

 

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