Mit diesem Bild aus „maskenlosen“ Zeiten präsentiert sich das Kolping-Feriendorf auf Facebook. Hausleiterin Rebecca Strauch steht ganz link, ihr Mann Norman Strauch ist in der Mitte hinten zu sehen (c) Kolping Feriendorf

Wie ein Dorf Corona trotzt

Mit diesem Bild aus „maskenlosen“ Zeiten präsentiert sich das Kolping-Feriendorf auf Facebook. Hausleiterin Rebecca Strauch steht ganz link, ihr Mann Norman Strauch ist in der Mitte hinten zu sehen
Datum:
Mi. 28. Okt. 2020
Von:
Anja Weiffen

Das Kolping-Feriendorf im Vogelsberg sieht sich mit seiner Lage mitten in der Natur auch während der Pandemie gut aufgestellt.

Schiffen vergleichbar navigieren Unternehmen zurzeit in wirtschaftlich „rauer See“. Die Krise rund um das Virus lässt auch das Kolping-Feriendorf in Herbstein nicht unberührt. Ein Gespräch mit Hausleiterin Rebecca Strauch.

Am Waldrand liegt das Kolping- Feriendorf Herbstein. Das „Vogelsbergdorf“, wies es auch heißt, hat die in Coronazeiten heiß begehrten Qualitäten: große Räume mit großen Fenstern und großen Türen auf einem weitläufigen Gelände inmitten von viel frischer Luft. „Die Gäste haben ihre eigenen Bungalows, das ist ein Unterschied zu einem Hotel“, ergänzt Rebecca Strauch.Im August vorigen Jahres übernahmen Rebecca und Norman Strauch die Leitung des „Vogelsbergdorfs“. „Über den Herbst arbeiteten wir drei Monate im Übergang. Im Dezember waren wir schließlich allein verantwortlich für die Einrichtung“, berichtet Rebecca Strauch. „Und dann kam Corona.“ 

„Wir dürfen keine Rücklagen bilden“

DSC (c) Kolping Feriendorf
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Im März sollte das Feriendorf wieder voll durchstarten, nach Januar und Februar, Monate, die von der Buchungslage her für gewöhnlich eher ruhig sind. „Es war eine irreale Geschichte“, erinnert sich Rebecca Strauch. „Das Jahr war ausgebucht. Wir hatten 23 000 Übernachtungen kalku- liert. Und mussten schließen. Von März bis einschließlich Mai.“ Im Juni regte sich im Team des Kol- ping-Feriendorfs vorsichtiger Optimismus. Mit einem ausgefeilten Hygienekonzept vom Maskentragen im Haupthaus, über Speiseausgabe statt Buffet, reich- lichen Desinfektionsspendern bis zu häufigeren Reinigungszeiten passte sich die Einrichtung der Corona-Lage an. „Familien wollten nach dem Lockdown wieder raus, das war deutlich zu spüren. Wir hatten eine super Buchungslage. Wir konnten sogar recht viel Programm anbieten, beispielsweise vormittags die Kinderbetreuung mit begrenzter Gruppengröße, Reiten sowie Filz- und Töpferkurse.“ Der Bibelpark des Kolping-Dorfs kam als Waldspielplatz und „Wertekulisse“ wie Rebecca Strauch erläutert, vor allem jetzt in den Herbstferien bei den Familien gut an .Die Hausleiterin sieht das Feriendorf für die aktuelle Lage gut aufgestellt. Allerdings hat so ein Feriendorf seine ganz eigenen wirtschaftlichen Regeln. „Als gemeinnützige Einrichtung dürfen wir keine Rücklagen bilden“, erklärt Strauch. „Wenn 100 Prozent storniert werden wie im Frühjahr und aktuell, reißt das finanziell ein großes Loch in die Kasse. Wir sind nicht darauf ausgelegt, Gewinn zu machen. Erwirtschaften wir ein Plus, wird das sofort wieder in den Betrieb investiert.“ Die energetische Sanierung der Anlage, die fast abgeschlossen ist, wurde aus Mitteln des Landes, des Bundes und des Gebäudeeigentümers, des Kolpingwerks, finanziert. Die Corona-Soforthilfe sowie die Überbrückungshilfe habe die Einrichtung zwar bekommen, das sei jedoch wie ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen. Auch Kurzarbeit mussten die Strauchs für einen Teil ihrer Mitarbeiter anmelden, während sie geringfügig Beschäftigte nicht weiter beschäftigen konnten. 

„Zeit, um aufzuatmen, ist es aber noch nicht“

Rebecca Strauch hat „absolutes Verständnis“, dass aktuell Gruppen angesichts der verschärften Lage für die nächsten Wochen Buchungen absagen. Im Herbst kommen in der Regel größere Firmen in das „Vogelsbergdorf“, um mit Auszubildenden Teambuilding-Programme durchzuführen. Auch Senioren sind in dieser Jahreszeit häufig Gäste. Zugleich weiß Strauch um die „Fragezeichen in den Köpfen der Verwaltung im Feriendorf“. „Den Hausbetrieb mehrere Wochen lang für fünf oder sechs Gäste aufrechtzuerhalten, lohnt sich nicht.“ Finanziell ist das Kolping-Feriendorf auf Förderung angewiesen, erläutert die Hausleiterin. „Wir sind deswegen schon mit dem Land Hessen in Kontakt getreten.“ In dieser Situation sitzt das Kolping-Feriendorf mit weiteren Ferienstätten in dem Bundesland in einem Boot. Vom Bistum Mainz bekommt das Feriendorf zwar einen Zuschuss, allerdings nur für die Kirche, die sich auf dem Gelände befindet. „Dieser Zuschuss wird für die Instandhaltung des Gotteshauses verwendet.“ „Unterm Strich“, resümiert Rebecca Strauch, „denken wir, dass wir es schaffen und die Zeit überstehen.“ Eine sehr gute Buchungslage für das kommende Jahr gibt ihr Hoffnung. Auch Stammgäste, denen das Haus am Herzen liegt, tragen mit zu dieser Hoffnung bei. „Ich denke, wir meistern gemeinsam diese Krise. Die Zeit, um aufzuatmen, ist es aber noch nicht.“

Diesen Artikel und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 1. November2020. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de