Ein Dorf auf der Zitadelle...

... aber ohne Fernseher

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Datum:
Sa. 19. März 2016
Von:
Siegfried Kirsch
38 Personen sind es, die in dem kleinen Container-Dorf auf der Zitadelle Unterkunft gefunden haben; für rund vierzig ist es ausgelegt.

Mit etwas Scheu, aber großer Freundlichkeit wird der unbekannte Besucher begrüßt. Das Malteser-Büro ist schon geschlossen, aber in kurzer Zeit ist der Ankömmling von der halben Belegschaft umringt und wird mit neugierigen Augen gemustert. Da alle sprachlichen Verständigungsmittel fehlen, müssen Gesten helfen. Zwei Jugendliche versuchen es mit einigen Brocken Englisch, um zu erklären, dass es leider kein Fernsehen gibt, weil wohl die Anschlüsse fehlen.
Unaufgefordert öffnen sie die Türen der nächstliegenden, kleinen Räume, in denen teils zwei Stockbetten vier Bewohnern zur Verfügung stehen, teils auch zwei Normalbetten. Ob vielleicht ein Begrüßungstee gefällig ist, wird mit Gebärden gefragt. Fast alle Frauen tragen ihr Haar offen, Kinder sind nur wenige zu sehen. Ihre Herkunftsländer sind Afghanistan, Syrien, Irak und Somalia.

Wie schlägt man die lange Zeit des Wartens tot?

Präsentiert werden eine gut ausgestattete Küche, ein Waschmaschinenraum mit vier Maschinen, ein Essraum, ein größerer für lose Zusammenkünfte und auch für Unterricht, der aber von niemandem erteilt wird. Die Wörter „Schule" und „Lesen" weiß einer auf Deutsch. Der Besucher wird, weil früher Lehrer, gleich zum Unterricht eingeladen. Des Dankes und großer Motivation könnte er sich sicher sein.

Wie verbringen Sie den lieben langen Tag? Mit Warten, mit Däumchen-Drehen, mit der Erkundung der Stadt, in der jedes Wort, das sie hören, und jeder Schriftzug an den Häusern ohne Inhalt und Sinn bleiben. Wie das Arabische nebenan auf dem Foto für Europäer. Schon eine Tischtennisplatte vor dem Container wäre eine willkommene Abwechslung. Oder ein Tipp-Kick-Spiel für die Regentage.

Beim Abschied läuft eine Jugendliche hinterher und meint auf Englisch, einen Fernseher zu haben, wäre schön.