... denn der Auftrag, so schöne Fliesen in einer so schönen Kirche zu verlegen, kommt nicht jedes Jahr in seinem Betrieb im rheinhessischen Frettenheim vor. Den zeitlichen Mehraufwand will er deshalb nicht berechnen.
Es ist schon das vierte Mal, dass Scheffel in St. Stephan die Arbeit mit dieser besonderen Fliese durchführt. Im Sommer 2011 hatte ihn Alwin Bertram, der Chef des Kirchenarchitektur-Büros in Rüdesheim/Rhh., zum ersten Mal damit beauftragt, den Boden in der Taufkapelle zu verlegen. Schon damals war das Besondere daran: die in warmem Rot-Orange leuchtende Fliese mit vierteiligem Blütendekor.
Mit großem Forscherglück
Zusammen mit dem damaligen Leiter des Dommuseums, Dr. Hans-Jürgen Kotzur, hatte Bertram eine dem Original möglichst nahe kommende Version in alten Dokumenten gesucht. Kotzur verwies dabei auf Fliesen, die auch in der Krypta des Doms im 14. und 15. Jahrhunderts verlegt wurden; denn in St. Stephan war nach den Schäden des Krieges und der folgenden Neuverlegung keine mehr zu finden gewesen.So entschieden sich die beiden für ein Muster, dass sich als genau richtig herausstellte. Denn mit großem Forscherglück fand Monate später Bertram bei den Arbeiten zur Fundierung der Orgel eine Fliese, die exakt der verwendeten glich (vgl. Foto in der Galerie rechts).
Nachdem auch Marienkapelle und Orgel-Umfeld so ausgestattet wurden, war nun der Westchor dran, dessen Sanierung durch die starke Durchfeuchtung der Wände und des Bodens höchst dringlich wurde. Die weiße Bauwand zur Kirche hin war wegen des Staubes, der beim Abklopfen der Wände und Abtragung des Bodens entstand, zwar nötig, für die Trocknung aber sehr hinderlich; endlich war diese Woche die noch erlaubten 3 % Feuchtigkeit im Boden erreicht.
Nicht regelmäßig, aber schön
Der fünf auf acht Meter große Boden des Raums unter der Empore wurde mit einem Sandsteinplatten-Fries eingerahmt, um die unregelmäßigen Begrenzungsmaße aufzufangen und ein klares inneres Rechteck für die zu fliesende Fläche zu schaffen. Schwierig gestaltete sich nun das Verlegen der 1736 Stück Fliesen, weil sie sowohl in der Farbe unterschiedlich waren (was aber eine ästhetisch guten Eindruck hinterlässt) als auch in der Größe von theoretisch 14, 4 cm und Höhe. „Nicht zu vergleichen mit industriell hergestellten," versichert Meister Scheffel. Denn was von Hand hergestellt wird, differiert zwangsläufig und macht aber auch seinen Reiz und seine Schönheit aus. Selbst eine leichte Krümmung nach unten stellte Architekt Bertram bei manchen Fliesen fest. Und auch das Verfugen wird noch schweißtreibend, weil die Rillen auf der Oberfläche gesäubert werden müssen, bevor der kalkarme Mörtel getrocknet ist.
Der nächste Schritt wird nächste Woche die Entfernung der Bauwand sein, bevor die Maler dann wieder Hand an die Wände legen können. Abschluss der Arbeiten bilden die Verlegung der Stufen und die Beleuchtung, die z.T. aus Bodenstrahlern bestehen wird.
Über die Nutzung des wie neu erstandenen ehemaligen Schmutzflecks wird noch beraten; aber ein Raum für Ausstellungen wird der Westchor sicher auch wieder sein.
Finanziell möglich wurde die aufwendige Annäherung an die originale Ausstattung der Kirche wieder durch einen großherzigen Freund von St. Stephan.